Einbeziehung des bEM bei krankheitsbedingter Kündigung

Arbeitsunfähigkeit, betriebliches Eingliederungsmangement, krankheitsbedingte Kündigung

Arbeitgeber sind seit dem Jahr 2004 gem. § 167 Abs. 2 S.1 SGB IX dazu verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) anzubieten. Dies soll auf längere Zeit erkrankten Arbeitnehmern ein Instrument an die Hand geben, um deren Beschäftigungsfähigkeit und letztlich den Arbeitsplatz zu erhalten. Als langfristig erkrankt gelten Arbeitnehmer, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ohne Unterbrechung oder wiederholt arbeitsunfähig waren:

„Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).“

§ 167 SGB Abs.2 S.1 IX

Mit Urteil vom 10.12.2009, Az. 2 AZR 400/08, stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) fest, dass ein nicht durchgeführtes bEM im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung negative Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers hat. Das bEM wird im Allgemeinen als das mildere Mittel im Vergleich zur Kündigung angesehen. Kündigt der Arbeitgeber gleichwohl ohne ein solches Eingliederungsmanagement durchgeführt zu haben, so muss er darlegen, warum denkbare Alternativen keine Aussicht auf Erfolg hätten.

Entscheidet sich der Arbeitgeber für ein betriebliches Eingliederungsmanagement, so muss dieses einerseits korrekt durchgeführt werden. Andererseits sind dessen Ergebnisse, soweit für den Arbeitgeber zumutbar, umzusetzen.

Kündigung nach Durchführung eines bEM

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat nunmehr einen Fall entschieden, in dem die diesbezüglichen Bemühungen eines Arbeitgebers unzureichend waren (LAG SH, Urteil vom 11.04.2018, Az. 6 Sa 361/17).

Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte, eine Betreibergesellschaft eines Verbrauchermarktes, kündigte der Klägerin, einer dort seit Oktober 2008 angestellten Kassiererin, krankheitsbedingt. Im Zeitraum von 2013 bis 2016 war die Klägerin mehrfach für längere Zeiträume arbeitsunfähig: 102 Tage im Jahre 2013, 180 Tage im Jahre 2014, weitere 57 Tage im Folgejahr und schließlich 98 Tage im Jahre 2016.

Aufgrund dieser Ausfallzeiten führte die Beklagte in den Jahren 2014, 2015 und 2016 jeweils bEM-Verfahren durch. Im Abschlussbericht von 2015 empfahl man eine Versetzung der Klägerin an die Information, bzw. eine Wechseltätigkeit zwischen Kasse und Information. Die Beklagte bezweifelte jedoch die Qualifikation der Klägerin für den Informationsbereich.

Schließlich wurde der Klägerin nach Anhörung des Betriebsrates fristgerecht zum 28.02.2017 gekündigt.

In ihrer dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage erklärt die Klägerin, dass sämtliche Krankheiten ausgeheilt seien. Trotz der häufigen, bei der Arbeit im Kassenbereich in der Natur der Sache liegenden Erkältungserkrankungen könne keine negative Gesundheitsprognose gestellt werden.

Die Beklagte führt hingegen aus, dass insbesondere wegen der wiederholten Nebenhöhlenentzündungen von einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen sei.

Entscheidung des LAG

Das LAG sah in diesem Fall ebenfalls eine negative Gesundheitsprognose, da die Klägerin über mehrere Jahre deutlich länger als sechs Wochen krank war. Häufige Erkrankungen eines bestimmten Typs deuten auf eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit hin.

Dies könne allerdings im vorliegenden Fall dahinstehen, da die Durchführung der bEM ergeben habe, dass eine mildere Option als die Kündigung zur Verfügung gestanden habe. Den empfohlenen Wechsel zur Information hatte zwar die Beklagte ausgeschlossen, die vorgetragene mangelnde Qualifikation konnte aber nicht bewiesen werden, da die Klägerin zuvor schon eineinhalb Jahre im Wechsel zwischen Kasse und Information gearbeitet hatte und während dieser Zeit keine erwähnenswerten Arbeitsunfähigkeiten vorgelegen haben.

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Streit um Vergütung berechtigt nicht zur Arbeitsverweigerung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein (Az. 5 Sa 111/13) hat geurteilt, dass im Streit um die Vergütung bestimmter Aufgaben dem Arbeitnehmer kein Arbeitsverweigerungsrecht zusteht.
Im konkreten Fall hatte ein Bodenverleger geklagt, nachdem er von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt worden war, als er sich weigerte, die ihm zugewiesene Arbeit zusammen mit den notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu erledigen.

Der Kläger war der Ansicht, unzulässigerweise nur nach Akkordvertrag vergütet zu werden. Seiner Auffassung nach, hätte er für die Vorbereitungsmaßnahmen zusätzlich nach Stunden bezahlt werden müssen, da er für die gesamte Baustelle nur 7,86 € pro Stunde verdienen würde. Im Arbeitsvertrag waren 12,00 € pro Stunde für nicht nach Akkordvertrag vergütete Arbeiten festgelegt.
Nachdem er von der Geschäftsführung verlangte, entweder zusätzlich für die Vorbereitungen bezahlt oder auf einer anderen Baustelle eingesetzt zu werden, forderte ihn der Geschäftsführer auf, die Arbeit umgehend wieder aufzunehmen, da er sonst die fristlose Kündigung riskiere.

Da der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, sprach der Geschäftsführer die fristlose Kündigung aus.

Das Arbeitsgericht Elmshorn gab der Kündigungsschutzklage zwar statt, da dem Kläger keine Gelegenheit zum Überdenken seiner Verweigerung gegeben wurde. Jedoch hatte die Berufung des Arbeitgebers vor dem LAG Erfolg, da der Arbeitnehmer das volle Risiko eines Irrtums trage und zudem vorleistungspflichtig sei. Eventuelle Ansprüche gegen den Arbeitgeber könne er nach Erhalt der Monatsabrechnung prüfen und ggf. einklagen.


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