Schwimmunterricht und Glaubensfreiheit

Laut Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) können sich muslimische Schülerinnen nicht auf die Glaubensfreiheit berufen, um nicht am koedukativen Schwimmunterricht teilzunehmen (Az.: BVerwG 6 C 25.12). Voraussetzung dafür ist, dass sie dabei einen Burkini tragen können, ein zum Schwimmen gemachtes Kleidungsstück, welches den Körper überwiegend verhüllt.

Eine muslimische Schülerin besuchte eine Schule, an der gemeinsamer Schwimmunterricht für Jungen und Mädchen stattfand, an dem auch sie teilnehmen musste. Dies widerspreche ihrer Meinung nach aber den religiösen Vorschriften, weshalb sie durch die Schule vom Schwimmunterricht befreit werden wollte. Dem stimmte die Schule nicht zu.

Diese Ansicht bestätigte nun auch das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz. Es sei richtig, dass die Teilnahme der Muslimin am Schwimmunterricht einen Eingriff in die Religions- und Glaubensfreiheit aus Artikel 4 GG darstelle:

Artikel 4

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Dieser Eingriff sei aber durch den staatlichen Erziehungsauftrag aus Art. 7 I GG (Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.) gerechtfertigt. Das Tragen eines Burkinis, welcher wiederum den muslimischen Bekleidungsvorschriften entspricht, sei der Klägerin zumutbar gewesen und angemessen. Daran ändere auch das Argument nichts, sie müsse männliche Klassenkammeraden in Schwimmkleidung sehen. Der Schutzbereich der Glaubensfreiheit umfasse nicht den Anspruch darauf, vor dem Anblick Dritter geschützt zu sein, die nicht den muslimischen Bekleidungsgeboten folgen. Dies gelte nicht nur für den schulischen Alltag.

Folglich könne die Glaubensfreiheit im vorliegenden Fall keine teilweise Aufhebung der Schulpflicht bewirken.


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Verwaltung ist nicht an Gesetzentwürfe gebunden

Das Bundesverwaltungsgericht (Az.: 8 C 47.12)  hat beschlossen, dass Behörden im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebot ausschließlich an bereits geltendes Recht gebunden sind. Gesetzentwürfe sind bis zu ihrem Inkrafttreten bei Beschlüssen nicht zu berücksichtigen.

Die Kläger vermittelten in Worms und Mainz Sportwetten an private Wettanbieter im EU-Ausland. Ihm sowie den anderen Anbietern mangelte es  an einer Genehmigung für das Inland, weshalb die unerlaubte Vermittlung im Jahr 2007 von den jeweiligen Städten verboten wurde. Eine Erlaubnis könne wegen des damals im Lotteriestaatsvertrag und seit 2008 im Glücksspielstaatsvertrag geregelten Sportwettenmonopols nicht erteilt werden.

Dagegen klagten die Vermittler und hatten vor dem VG Mainz und dem OVG  Koblenz Erfolg. Dieses war bei seinen Entscheidungen im Mai 2012 davon ausgegangen, die Verbote seien jedenfalls schon deshalb rechtswidrig, weil die Behörden die geplante Änderung des Glücksspielrechts zum 1. Juli 2012 nicht berücksichtigt hatten.

Das Bundesverwaltungsgericht hob mit Beschluss die Urteile des Oberverwaltungsgerichts bezüglich der Zeit von Oktober 2010 bis Juni 2012 auf und verwies die Sachen an das Oberverwaltungsgericht zurück.

Unter Beachtung des Rechtsstaatsgebots sind die Behörden ausschließlich an das geltende Recht gebunden. Geplante Rechtsänderungen müssen sie nicht schon im Entwurfsstadium berücksichtigen. Das gilt insbesondere, wenn eine neue Regelung noch nicht vom Parlament beschlossen wurde und deshalb noch nicht absehbar ist, ob, wann und mit welchem Inhalt sie in Kraft treten wird. Dies diene auch der Rechtssicherheit des Bürgers, der sich am bestehenden Recht orientieren können und geplante Änderungen nicht schon vor ihrer Legitimierung durch die Gesetzgebungsorgane für und gegen sich gelten lassen müsse.


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