Noch vor gar nicht so langer Zeit gab es bei der Verfolgung von Filesharern durch die Musikindustrie immer das gleiche Muster: Der Rechteinhaber ermittelte selber oder mit Hilfe von spezialisierten Dienstleistern die IP-Adressen, von denen Urheberrechtsverletzungen ausgingen. Im zweiten Schritt wurde eine Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt, woraufhin die Staatsanwaltschaft den hinter der IP-Adresse stehenden Anschlussinhaber ermittelt hat. Anschließend nahm der Rechteinhaber Akteneinsicht und erfuhr auf diese Weise, wer hinter der IP-Adresse steht. Nun hat der Rechteinhaber zivilrechtliche Schritte gegen den Anschlussinhaber einleiten können, also Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche geltend machen können. Die Strafverfahren der Staatsanwaltschaft wurden dagegen regelmäßig wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Dieses Vorgehen hat den Staatsanwaltschaften viel Arbeit beschert. Deshalb sind die meisten dazu übergegangen, den Rechteinhabern eine Akteneinsicht zu verweigern oder von vornherein gar kein Strafverfahren einzuleiten. Das ist auch wegen des sog. Legalitätsprinzips nicht ganz unproblematisch. Gleichzeitig hat sich auch bei zahlreichen Gerichten die Einschätzung durchgesetzt, dass aus datenschutzrechtlichen Gründen eine Speicherung von IP-Adressen durch den DSL-Anbieter bei Flatrates rechtswidrig seien.
Faktisch bedeutet dies für den Rechteinhaber, dass er keine Möglichkeit mehr hat gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen. Um eine einheitliche Regelung sicherzustellen hatte die EU deshalb schon zuvor eine umstrittene Richtlinie erlassen, nach der die Mitgliedsstaaten die sog. Vorratsdatenspeicherung einzuführen hatten. Der Bundesgesetzgeber hat zudem einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch geschaffen, damit die Rechteinhaber ohne Einschaltung der Staatsanwaltschaft die hinter den IP Adressen stehenden Anschlussinhaber von DSL Provider erfragen können, sofern die konkrete Urheberrechtsverletzung ein “gewerblichem Ausmaß” erreicht hat.
Diese Rechtslage hat jedoch vorläufig nicht lange Bestand gehabt. In einem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht die Auskunftserteilung an staatliche Stellen auf bestimmte schwere Straftaten, zu denen nicht die Verletzung eines Urheberrechts gehört, beschränkt.
Aber auch die Auskunft an Private wurde jüngst durch verschiedene Gerichte erschwert. Ein gewerbliches Ausmaßes aufgrund der Schwere der Rechtsverletzung liegt nach Auffassung des LG Kiel (Az. 2 O 221/09) erst dann vor, wenn die Nutzung über den privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch hinausgeht. Der einmalige Download eines Musikalbums sei daher nicht als gewerbliches Ausmaß anzusehen. Insbesondere habe der Rechteinhaber aus dem § 101 Abs. 2 UrhG keinen Anspruch darauf, dass der DSL-Provider alle Verbindungen einer IP-Adresse protokolliert, damit ein gewerbliches Ausmaß, ähnlich einer “Rasterfahnundung”, nachgewiesen werden könne.
Die Frage, ob ein gewerbliches Ausmaß vorliegt, hatte das OLG Köln (Az. 6 Wx 2/08) anders entschieden. Hier ging die Kammer davon aus, dass ein gewerbliches Ausmaß schon dann vorläge, wenn ein gesamtes Musikalbum in der relevanten Verkaufsphase der Öffentlichkeit angeboten wird.
Gute Entscheidung 🙂
Für das Privatauskunftsverfahren stünden die allein aufgrund der VDS gespeicherten Verkehrsdaten allerdings auch ohne BVerfG-Beschluss nicht zur Verfügung. Um so wichtiger wäre es, dass BNetzA und BfDI ihre lasche Praxis überdenken, die Löschung der Daten aus dem “normalen” Bestand erst nach 14 Tagen noch für “unverzüglich” zu halten.