Die Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG (ABV) geht derzeit gegen einzelne (ehemalige) Versicherungsvertreter vor, denen vorgeworfen wird, Kundendaten aus dem Agentur-Management- und Informationssystem (AMIS) „unbefugt“ exportiert zu haben. Betroffene Vertreter erhalten Abmahnungen und in einigen Fällen sogar Klagen vor den Landgerichten.
Da viele Allianz-Vertreter regelmäßig mit AMIS arbeiten und die Exportfunktion nutzen, ist diese Entwicklung für die gesamte Vertriebsorganisation von erheblicher Bedeutung.
Worum geht es in den Klagen?
In den Klageschriften behauptet die Allianz, dass der Export von Kundendaten aus AMIS eine Verletzung des Vertretungsvertrages, des Urheberrechts (§§ 87a ff. UrhG) und des Geschäftsgeheimnisgesetzes (§§ 4 ff. GeschGehG) darstelle. Teilweise wird den Vertretern sogar unterstellt, sie hätten Daten zu Zwecken einer späteren Konkurrenztätigkeit genutzt.
Gegenstand der Verfahren sind Exporte von wenigen tausend Datensätzen. Zum Vergleich: Nach eigenen Angaben unterhält die Allianz mit rund 20 Millionen Kunden Versicherungsverträge. Der Anteil der betroffenen Daten liegt damit bei nur etwa 0,01 % – also weit unterhalb dessen, was nach der Rechtsprechung als „wesentlicher Teil“ einer Datenbank gelten könnte.
Welche rechtlichen Fragen stellen sich?
Die Vorwürfe werfen gleich mehrere juristische Fragen auf:
- Urheberrecht: Ist die ABV überhaupt „Herstellerin“ der Datenbank im Sinne des § 87a UrhG? Oder liegen die Investitionen bei anderen Konzerngesellschaften wie Allianz Technology SE?
- Wesentlicher Teil: Handelt es sich bei einem Export einiger tausend Datensätze überhaupt um einen „wesentlichen Teil“ der Datenbank? Die Rechtsprechung des BGH verlangt hierfür deutlich höhere Schwellen.
- Geschäftsgeheimnisgesetz: War der Zugriff wirklich „unbefugt“? Vertreter arbeiten mit personalisierten Smartcards und von der Allianz bereitgestellten PCs – der Export ist technisch vorgesehen und im Rahmen des Vertrags möglich.
- Vertretungsvertrag: Wenn die Allianz selbst die Exportfunktion ohne mengenmäßige Beschränkung bereitstellt, spricht dies für eine vertragliche Erlaubnis zur Nutzung im Rahmen der Tätigkeit.
Warum ist das für Allianz-Vertreter wichtig?
Viele Allianz-Vertreter nutzen die Exportfunktion von AMIS im täglichen Geschäft, etwa um Kundengespräche vorzubereiten oder Abrechnungen zu kontrollieren. Die aktuelle Klagepraxis könnte eine Vielzahl von Vertretern betreffen, die bisher davon ausgingen, rechtmäßig zu handeln.
Hinzu kommt: Die Allianz hat selbst umfassende technische Kontrollmöglichkeiten (z. B. Smartcards, „KillUser“-Funktion, Fernzugriff). Wenn nachträglich behauptet wird, der Export sei „unbefugt“, stellt dies die gesamte Praxis im Vertrieb in Frage.
Fazit
Die Klagen der Allianz gegen ihre eigenen Vertreter werfen erhebliche rechtliche und praktische Fragen auf. Ob tatsächlich Vertrags- oder Gesetzesverstöße vorliegen, ist zweifelhaft. Vieles spricht dafür, dass die Exporte im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit erlaubt waren.
Betroffene Allianz-Vertreter sollten anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen, um sich gegen Abmahnungen oder Klagen zu verteidigen.