Das sachsen-anhaltische Landesverfassungsgericht in Dessau hat mit Urteil vom 22.10.2008 (Az. LVG 3/08) wesentliche Teile des “Gesetzes zur Wahrung des Nichtraucherschutzes im Land Sachsen-Anhalt” für verfassungswidrig erklärt. Bis Ende 2009 muss der Landtag eine Neuregelung treffen.
Bis dahin kann in Gaststätten (i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG ) mit weniger als 75 m² wieder geraucht werden, sofern nur Volljährige Zutritt haben und am Eingang eine Kennzeichnung als “Rauchergaststätte” angebracht wird. In Diskotheken zu denen nur Volljährige Zutritt haben können “Raucherräume” – in denen jedoch nicht getanzt werden darf – eingerichtet werden, .
Leitsatz:
1.Der Landesgesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehindert, das Passivrauchen als Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung einzustufen und zum Anlass für den Erlass eines Nichtraucherschutzgesetzes zu nehmen.
2.Lässt der Gesetzgeber bei der Umsetzung des Nichtraucherschutzes in Gaststätten die Einrichtung von Raucherräumen zu, so muss er auch den Betreibern von kleinen Einraumgaststätten eine angemessene Gestaltungsfreiheit gewähren. Nur so können bei diesen besonders starke wirtschaftliche Belastungen vermieden werden.
3.Es stellt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar, wenn in Gaststätten die Einrichtung von Raucherräumen zugelassen wird, die Betreiber von Diskotheken aber von dieser Ausnahmeregelung keinen Gebrauch machen können.
4.Das Landesverfassungsgericht ist befugt, im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung nach § 41 LVerfGG dem Gesetzgeber eine Frist für den Erlass einer verfassungs¬konformen Neuregelung zu setzen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung).
Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. August 2008 durch Urteil vom am 22. Oktober 2008 für Recht erkannt:
Tenor
Die § 3 und § 4 Satz 2 des Gesetzes zur Wahrung des Nichtraucherschutzes im Land Sachsen-Anhalt vom 19.12.2007 (GVBl. LSA 2007 S. 464) sind mit Artikel 16 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sach-sen-Anhalt unvereinbar, soweit den Betreibern von Einraumgaststät-ten der Betrieb als Rauchergaststätte und den Betreibern von Diskotheken die Einrichtung von Raucherräumen verwehrt wird.
Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
Bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2009 zu treffen hat, gelten die Vorschriften mit der Maßgabe fort, dass
1. in Gaststätten mit weniger als 75 Quadratmetern die als Schank-wirtschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG betrieben werden, die im Ein-gangsbereich deutlich als Rauchergaststätte gekennzeichnet sind und zu denen Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr der Zu-tritt verwehrt wird, das Rauchen gestattet werden darf und
2. in Diskotheken, zu denen Personen vor Vollendung des 18. Le-bensjahres der Zutritt verwehrt ist, Raucherräume eingerichtet wer-den dürfen, in denen das Tanzen untersagt ist und die den Anforde-rungen des § 4 Sätze 2 und 3 NSG entsprechen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Das Land hat den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern die notwendigen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beschwerdeführer wenden sich als Betreiber von Diskotheken und Einraumgaststätten in Sachsen-Anhalt gegen Vorschriften des Nichtraucherschutzgesetzes im Land Sachsen-Anhalt.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat am 19.12.2007 das Gesetz zur Wahrung des Nicht-raucherschutzes in Sachsen-Anhalt (Nichtraucherschutzgesetz – NSG LSA) beschlossen, das in seinen wesentlichen Teilen am 01.01.2008 in Kraft getreten ist (GVBl. LSA 2007 S. 464). Zweck des Gesetzes ist es ausweislich seines § 1, das „Schutzinteresse aller Nicht-raucherinnen und Nichtraucher gerade auch von Kindern und Jugendlichen vor den durch passives Rauchen bedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ zu wahren und zu stär-ken. Zu diesem Zweck ordnet § 3 NSG LSA in den durch § 2 des Gesetzes näher bezeich-neten Gebäuden, zu denen auch Gaststätten (§ 2 Nr. 8 ) und Diskotheken (§ 2 Nr. 9) gehö-ren, ein allgemeines Rauchverbot an. Nach § 3 Abs. 2 NSG LSA ist auf das Rauchverbot an den öffentlichen Zugängen zu den Gebäuden deutlich sichtbar hinzuweisen. Von diesem all-gemeinen Rauchverbot sieht § 4 Satz 2 NSG LSA eine generelle Ausnahme vor. Danach können abweichend von § 2 Nr. 9 NSG LSA abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Voraussetzung hierfür ist nach Satz 3 eine derart räumlich wirksame Abtrennung, die eine Gefährdung durch passives Rauchen verhindert und dass diese Räume ausdrücklich als Raucherräume gekennzeichnet werden.
Dieser gesetzlichen Regelung ging eine in Bezug auf die streitigen Punkte kontroverse Bera-tung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens voraus. Anders als alle anderen Ländergesetze zum Nichtraucherschutz schreibt das sachsenanhaltinische Gesetz nicht vor, dass es sich bei dem Raucherraum um einen „Nebenraum“ handeln muss, sondern lässt – bei Einrichtung eines anderen Nichtraucherraums – die Möglichkeit offen, den Hauptschankraum als Rau-cherraum zu deklarieren. Da der Gastwirt das wirtschaftliche Risiko trage, habe man sich für eine Ausnahmeregelung entschieden, die es den Gastwirten erlaubt, selbst zu entscheiden, welcher Raum rauchfrei bleibt, wenn die Gaststätte mindestens zwei Räume vorhalten kann. Diese Regelung halte man nicht zuletzt deshalb für richtig, damit die Dorfkneipen im Land nicht in ihrem Bestand gefährdet werden. Es wurde zudem darauf verwiesen, dass es Gast-wirten frei stehe, weitere Räume anzumieten, um von der vom Gesetzesentwurf vorgesehe-nen Ausnahmeregelung Gebrauch machen zu können (PlPr 5/23, S. 1471).
Die Beschwerdeführer sehen sich durch die für sie nicht geltende bzw. nicht in Anspruch nehmbare Ausnahmeregelung des § 4 Satz 2 NSG LSA in ihren Grundrechten aus Art. 16 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 1 LVerf in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 LVerf verletzt, da ihnen der Betrieb ihrer Diskothek mit einem Raucherraum bzw. der Betrieb ihrer Gaststätte als Rau-chergaststätte verwehrt wird.
Die Beschwerdeführerinnen zu 1) bis 3) betreiben jeweils Diskotheken in Sachsen-Anhalt. Sie sehen sich durch die für sie nicht geltende Ausnahmeregelung des § 4 Satz 2 NSG LSA gegenüber den Betreibern von Gaststätten sowie im Hinblick auf Regelungen in angrenzenden Bundesländern, die in Diskotheken die Einrichtung von Raucherräumen zu-lassen, in sachlich nicht gerechtfertigter Art und Weise benachteiligt und ungleich behandelt und machen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 16 Abs. 1, 18 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 LVerf geltend.
Die Beschwerdeführerin zu 4) betreibt in Halle seit Anfang der neunziger Jahre die Gaststätte „Schwarzbrenner“. Der Gastraum hat eine Größe von ca. 35 qm; die Einrichtung eines separaten Nichtraucherraums ist nach Angaben der Beschwerdeführerin nicht möglich. Nach ihren Angaben sind ca. 90 % der Gäste Stammgäste, von denen wiederum ca. 90 % Raucher sind. Die Gaststätte stellt für die Beschwerdeführerin und ihren Ehemann die allei-nige Erwerbsquelle dar; die Lokaleinrichtung wurde durch Kredite finanziert und für den Be-trieb der Gaststätte wurden ein langfristiger Bierlieferungsvertrag sowie ein langfristiger Miet-vertrag abgeschlossen. In der unmittelbaren Nachbarschaft der Gaststätte befinden sich zahlreiche weitere Gaststätten, von denen einige ohne weiteres in der Lage sind, getrennte Räumlichkeiten für Raucher einzurichten.
Der Beschwerdeführer zu 5) betreibt eine Einraumgaststätte in Burg, die im Wesentli-chen aus einem Tresen-Schankraum und zwei Tischen mit Eckbank und Stühlen besteht. Die Stammkundschaft des Lokals besteht nach Angaben des Beschwerdeführers zu 90 % aus volljährigen Rauchern. In der mündlichen Verhandlung wurde vorgetragen, dass nach dem Inkrafttreten der Bußgeldbewehrung am 1.07.2008 der Umsatz um 50 % zurückgegan-gen ist.
Der Beschwerdeführer zu 6) betreibt ebenfalls eine Einraumgaststätte in Burg, in die ein nicht abtrennbarer Vereinsraum integriert ist. Auch hier besteht die Stammkundschaft zu 90 % aus volljährigen Rauchern. In der mündlichen Verhandlung wurde vorgetragen, dass nach dem Inkrafttreten der Bußgeldbewehrung am 1.07.2008 der Umsatz um 50 % zurück-gegangen ist.
Die Beschwerdeführer machen geltend, dass durch das Gesetz unmittelbar in ihre Grund-rechte aus Art. 16 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 7 Abs. 1 LVerf eingegriffen werde und der Eingriff keines weiteren Vollzugsaktes bedürfe. Durch das Gesetz würden unmittelbar die zivilrechtli-chen Rechtsbeziehungen zu den Gästen geändert. Es müssten wirtschaftliche Dispositionen zur Einstellung auf die neue Rechtslage getroffen werden. Dem Landesgesetzgeber fehle für den Erlass eines Nichtraucherschutzgesetzes die Gesetzgebungsbefugnis, da die Materie eine bundeseinheitliche Regelung erfordere. Der Bund habe ein Rauchverbot für Gaststätten aber nicht geregelt.
Die in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Beschwerdeführer aus Art. 16 LVerf eingreifen-den Regelungen seien weiterhin nicht erforderlich, da der Bürger sich für den Besuch einer Gaststätte oder Diskothek, in der geraucht werde, frei entscheide und insoweit nicht schutz-bedürftig sei. Umgekehrt sei kein Nichtraucher verpflichtet, eine Rauchergaststätte oder eine Diskothek zu besuchen, in der geraucht werde. Insoweit könne auch nicht von einer staatli-chen Schutzpflicht ausgegangen werden. Die gesetzliche Regelung sei bereits nicht geeig-net, da sich in den nach § 4 Satz 2 NSG LSA ausweisbaren Raucherräumen auch Nichtrau-cher aufhalten und den Gefahren des Passivrauchens aussetzen könnten. Die Erforderlich-keit der Regelung sei deshalb nicht gegeben, weil das gleiche Ziel durch eine Selbstver-pflichtung oder eine Wahl-Regelung, bei der sich der Betreiber für die Ausgestaltung als Raucher- oder Nichtraucherkneipe entscheidet, dem Anliegen des Nichtraucherschutzes be-reits genüge.
Die Einführung des Rauchverbots habe für die Beschwerdeführer zu 4 bis 6, deren Einraum-gaststätten ohnehin nur einen geringen Ertrag abwerfen, wegen der drohenden Abwande-rung der Stammgäste ruinöse Folgen und stelle auch insoweit einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Eigentumsfreiheit aus Art. 18 Abs. 1 LVerf dar. Ähnliches drohe den Be-schwerdeführern zu 1 bis 3 in Bezug auf den Betrieb der Diskotheken, da auch dort mit einer Abwanderung der Gäste über die Landesgrenze und zu Gaststätten drohe, die Raucherräu-me nach § 4 Satz 2 NSG LSA einrichten können. Zum Beleg der drohenden Abwanderung der bisherigen Stammgäste haben die Beschwerdeführer entsprechende Unterschriftenlisten vorgelegt.
Die Beschwerdeführerinnen zu 1 bis 3 beantragen,
festzustellen, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Ziff. 10 des Gesetzes zur Wahrung des Nichtraucherschutzes in Sachsen-Anhalt (Nichtraucherschutz-gesetz) vom 19.12.2007 (GVBl. LSA 2007 S. 454) mit der Verfassung des Lan-des Sachsen-Anhalt unvereinbar und nichtig sind.
Die Beschwerdeführerin zu 4 sowie die Beschwerdeführer zu 5 und zu 6 beantragen,
festzustellen, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Ziff. 9 und § 4 Satz 2 des Gesetzes zur Wahrung des Nichtraucherschutzes in Sachsen-Anhalt (Nicht-raucherschutzgesetz) vom 19.12.2007 (GVBl. LSA 2007 S. 454) mit der Verfas-sung des Landes Sachsen-Anhalt unvereinbar und nichtig sind.
Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerden für nicht begründet. Das Land sei umfassend zur Gesetzgebung für den Nichtraucherschutz befugt, da der Bund unabhängig von der Frage der sachlichen Reichweite seiner konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis für den Bereich der Gaststätten und Diskotheken jedenfalls keine Regelungen getroffen habe. Die mit den Rauchverbotsregelungen verbundenen Beschränkungen der Berufsfreiheit seien verfassungsmäßig. Nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse führe das so genannte Passivrauchen zu erheblichen Gesundheitsgefährdungen bis hin zur Lebensgefährdung. Es gebe auch ein entsprechendes Schutzbedürfnis, da sich die mit dem Bundesverband der Ho-tel- und Gaststättenbetreiber (DEHOGA) vereinbarten Selbstverpflichtungen nicht bewährt hätten; auch andere Lösungen auf freiwilliger Basis (Kennzeichnungslösung) oder gesetzge-berische Zuteilung von Raucher- und Nichtraucherbereichen (Konzessionslösung) seien nicht in gleicher Weise geeignet, den Nichtraucherschutz wirksam zu gewährleisten. Die mit dem Rauchverbot verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen seien verhältnismäßig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht der Berufs-freiheit sei bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Auswirkungen einer Regelung eine gene-ralisierende Betrachtungsweise der wirtschaftlichen Auswirkungen geboten; der Landesge-setzgeber habe deshalb bei der Beurteilung der Schwere des Eingriffs auf die Gaststätten insgesamt abstellen dürfen und etwaige besonders schwere wirtschaftliche Folgen bei ein-zelnen Adressaten unberücksichtigt lassen dürfen, wenn diese atypisch seien, wie dies bei den Einraumgaststätten der Fall sei. Das vom Landesgesetzgeber zugrunde gelegte Schutz-konzept sei auch folgerichtig; es folge dem Leitgedanken, in allen Gaststätten einen Min-deststandard des Nichtraucherschutzes sicherzustellen.
Die Beschränkung der Ausnahmeregelung zur Einrichtung von Raucherräumen auf Gaststät-ten sei sachlich gerechtfertigt, da Diskotheken nicht mit Gaststätten zu vergleichen seien; in Diskotheken komme es auf Grund der besonderen körperlichen Anstrengung durch das Tanzen zu besonderen Gesundheitsgefährdungen; dies werde durch neuere Untersuchun-gen des Deutschen Krebsforschungszentrums belegt. Zudem seien insbesondere Jugendli-che durch Cliquen- und Nachahmeeffekte beim Besuch von Diskotheken besonders gefähr-det. Ein Ausweichen der Besucher auf Diskotheken in anderen Bundesländern sei wegen der großen Entfernungen nicht realistisch.
Der Landtag hat keine Stellungnahme abgegeben.
Das Bundesverfassungsgericht hat durch Urteil vom 30.07.2008 die mit den vorliegend angegriffenen Regelungen weitgehend inhaltsgleichen Vorschriften des Nichtraucherschutz-gesetze des Landes Berlin und des Landes Baden-Württemberg insoweit für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, als für Einraumgaststätten und Diskotheken ein absolutes Rauchverbot besteht, weil dadurch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss be-gründet werde, der mit den Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist (BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402/08, 1 BvR 906/08, ww.bverfg.de/entscheidungen/rs20080730_1bvr326207.html). Diese Entscheidung hat das Landesverfassungsgericht nach Maßgabe des Art. 100 Abs. 3 GG im Rahmen seiner Ent-scheidung zu berücksichtigen, da es im vorliegenden Verfahren um die Anwendung inhaltsgleicher Landesgrundrechte geht (…).
Entscheidungsgründe
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig (1.) und im Wesentlichen begründet (2.).
Die Beschwerdeführer werden durch das allgemeine Rauchverbot des § 3 NSG LSA in Verbindung mit dem auf sie – aus verschiedenen Gründen – nicht anwendbaren Ausnahme-tatbestand des § 4 Satz 2 NSG LSA in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 16 Abs. 1 LVerf in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 7 Abs. 1 LVerf verletzt.
Zweck des Nichtraucherschutzgesetzes ist ausweislich seines § 1 die Wahrung und Stärkung des Schutzinteresses aller Nichtraucherinnen und Nichtraucher. In Bezug auf die Gaststätten und Diskotheken bedeutet dies, dass in erster Linie die Gäste Adressaten der Regelungen sind. Diese Zielsetzung des Gesetzes kann aber nur erreicht werden, indem den Betreibern der Gaststätten und Diskotheken Verhaltenspflichten auferlegt werden, die ihnen gegenüber einen finalen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 16 Abs. 1 LVerf darstellen (…). Die Betreiber der Gaststätten und Diskotheken werden für die Durchsetzung der gesetzgeberischen Ziele durch die Pflicht zur Durchsetzung des Rauch-verbotes auch gegenüber den Gästen durch den Staat in Dienst genommen (SächsVerfGH, Beschl. vom 16.10.2008 – Vf. 15-IV-08, 59-IV-08 – S. 7).
Nicht betroffen ist dagegen die durch Art. 18 Abs. 1 LVerf geschützte Eigentumsgaran-tie, da durch das Gesetz verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrechte, zu denen der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb sowie der diesem zugeordnete Kundenstamm nicht zu rechnen sind (…), nicht unmittelbar berührt werden und die individuellen Erwerbs- und Gewinnerzielungschancen durch das Eigentumsgrundrecht nicht geschützt werden (…).
Keine Grundrechtsverletzung der Beschwerdeführer 1 bis 3 liegt vor, soweit diese gel-tend machen, durch die für Diskothekenbetreiber „günstigeren Regelungen“ in angrenzenden Bundesländern benachteiligt und im allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 7 Abs. 1 LVerf ver-letzt zu sein. Ein Recht auf Gleichbehandlung durch den Landesgesetzgeber kann in der fö-deralen Ordnung nur für den räumlichen Geltungsbereich der Landesgesetzgebungskompe-tenz begründet werden. Es liegt im Wesen der bundesstaatlichen Ordnung, dass die einzel-nen Landesgesetzgeber im Rahmen ihrer Gesetzgebungsbefugnisse abweichende Rege-lungen treffen (…). Durch die Föderalismusreform 2007 ist dieser Aspekt der Bundesstaatlichkeit durch die Betonung des wettbewerblichen Aspektes des Föderalismus bestärkt worden (…). Es liegt auch kein Fall einer so genannten Inländerdiskriminierung vor (siehe dazu BVerfG, Beschl. v. 5.12.2005 – 1 BvR 1730/02 – GewArch. 2006, 71 ff.; Rieger, DÖV 2006, 685 ff.; Riese/Noll, NVwZ 2007, 516 ff.), da die günstigeren Regelungen für die Diskothekenbetrei-ber anderer Bundesländer sich nicht auf Tätigkeiten innerhalb des Hoheitsgebietes des Lan-des Sachsen-Anhalt auswirken, wie es im Falle einer Inländerdiskriminierung erforderlich wäre.
Die Verfassungsbeschwerden sind begründet, da die ausnahmslose Anwendung des all-gemeinen Rauchverbots auf Einraumgaststätten und Diskotheken ohne die Möglichkeit einer im Hinblick auf die für Mehrraumgaststätten in § 4 Satz 2 NSG LSA zugelassene Einrichtung von Raucherräumen sich als eine nicht folgerichtige und unverhältnismäßige Beschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 16 Abs. 1 LVerf darstellt.
2.1. Das Land war zum Erlass des Gesetzes befugt, da der Bundesgesetzgeber im Gesetz zur Einführung eines Rauchverbotes in Einrichtungen des Bundes und öffentlichen Ver-kehrsmitteln (Bundesnichtraucherschutzgesetz – BNichtrSchG) vom 20.07.2007 (BGBl. I S. 1595) zu den Gaststätten und Diskotheken keine Regelungen getroffen hat. Soweit es um den Arbeitnehmerschutz in den Arbeitsräumen geht, den der Bund in § 5 der Arbeitsstätten-verordnung vom 12.08.2004 (BGBl. I S. 2179), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20.07.2007 (BGBl. I S. 1595), geregelt hat, kommt es gem. § 3 Abs. 4 NSG LSA nicht zu einer Kollision mit der auf die Gasträume ausgerichteten Regelungen. Beide Regelungen verfolgen das gleiche Ziel und stehen nicht in Widerspruch zueinander (siehe entsprechend BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, a.a.O., Rdnr. 97 ff.).
Rauchverbote verfolgen einen zulässigen Regelungszweck und stellen keine unzulässi-ge Bevormundung der Gäste dar. Der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zählt zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern (…), die selbst objektive Berufszulassungsvoraussetzungen und damit erst recht auch Beschränkungen der Berufsausübung rechtfertigen können. Dass der einzelne Gast in seiner Entscheidung zum Besuch einer Gaststätte, in der geraucht wird, frei ist, steht der Annahme eines Schutzbedürfnisses jedenfalls nicht entgegen, solange es keine ausreichenden Möglichkeiten für Nichtraucher gibt, in Gaststätten rauchfreie Räume zu finden. In einer solchen Situation stellt das mit dem Besuch der Gaststätte verbundene Pas-sivrauchen nur die faktisch unvermeidbare Inkaufnahme dieses Risikos dar, das eingegan-gen wird, um uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können (BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, a.a.O., Rdnr. 102).
Der Landesgesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht gehindert, das Passivrauchen als Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung einzustufen und zum Anlass für den Erlass des Nichtraucherschutzgesetzes zu nehmen. Wird der Gesetzgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der zu bekämpfenden Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der von den Verfas-sungsgerichten nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. Dieser Beurteilungsspiel-raum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgebe-rischen Maßnahmen abgeben können (…).
Der Landesgesetzgeber durfte sich auf die zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen stützen, nach denen mit dem Passivrauchen schwerwiegende gesundheitliche Risiken ver-bunden sind (BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, a.a.O., Rdnr. 104 ff.). Die Annahme des Landesge-setzgebers, gerade in Gaststätten sei von einer besonderen Gefährdung der Gäste und der Beschäftigten durch Passivrauchen auszugehen, kann ebenfalls auf entsprechende wissen-schaftliche Untersuchungen gestützt werden (siehe etwa Deutsches Krebsforschungszent-rum Hrsg., Erhöhtes Gesundheitsrisiko für Beschäftigte in der Gastronomie durch Passiv-rauchen am Arbeitsplatz, 2007). Danach sollen Beschäftigte in der Gastronomie als Folge-schäden unter akuten Gesundheitsstörungen bis hin zu einer veränderten Lungenfunktion leiden. Als langfristige Gesundheitsbedrohung benennt der Report eine Risikoerhöhung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs. Während in der Normalbevölkerung drei von 10.000 Personen an durch Tabakrauchbelastung verursachtem Lungenkrebs versterben, sollen dies unter den 40 Jahre lang in der Gastronomie Beschäftigten 41 von 10.000 Perso-nen sein.
Es besteht kein Anlass, im vorliegenden Verfahren über die Zulässigkeit eines absoluten, d.h. ohne Ausnahmereglung geltenden Rauchverbotes zu befinden.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer bestand für den Landesgesetzgeber hin-reichender Anlass für ein Tätigwerden. Unabhängig davon, ob zur Rechtfertigung des Ein-griffs in die Berufsfreiheit zunächst ein kooperatives Modell mit einer Selbstverpflichtung des Gastronomiegewerbes, für Nichtraucher eine ausreichende Zahl von Plätzen bereitzustellen, überhaupt versucht werden musste, war ein entsprechender Versuch gescheitert. Die Vor-gaben für die Einrichtung von Nichtraucherbereichen in Speisegaststätten, die zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) am 1.03.2005 vereinbart wurden, sind – wie bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat – bereits auf der ersten der drei vorge-sehenen Stufen verfehlt worden. Nachdem die durch das Ministerium veranlasste Überprü-fung ergeben hatte, dass Anfang 2007 nicht die vereinbarten 30 %, sondern nur 15,5 % der betroffenen Gaststätten nur 10,9 % und nicht wie vereinbart 30 % der Plätze in der gebotenen Weise für Nichtraucher bereithielten, waren die Landesgesetzgeber nicht gehalten, mit einer gesetzlichen Regelung weiter zuzuwarten.
Die angegriffenen Regelungen des Nichtraucherschutzgesetzes sind an dem in Art. 20 Abs. 2 S. 1 LVerf verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Sie sind zum Schutz vor Gefährdungen der Gesundheit durch Passivrauchen in Gaststätten zunächst ge-eignet und erforderlich.
Geeignet ist eine Maßnahme bereits, wenn durch die Berufsausübungsregelung der ge-wünschte Erfolg gefördert werden kann. Es genügt mithin bereits die Möglichkeit einer teil-weisen Zweckerreichung (…). Da Rauchverbote in Gaststätten zu einer Verminderung der Tabakrauch-exposition beitragen und damit das Ausmaß des Passivrauchens sowie die mit ihm verbun-denen Gesundheitsrisiken reduzieren, ist dies zu bejahen.
Es ist auch kein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger einschrän-kendes Mittel ersichtlich, so dass die gesetzlichen Rauchverbote auch erforderlich sind (sie-he auch BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, a.a.O., Rdnr. 115). Der Landesgesetzgeber durfte da-von ausgehen, dass eine Verpflichtung der Gastwirte, zwischen einem Betrieb ihres Lokals entweder als Raucher- oder Nichtrauchergaststätte verbindlich zu wählen, nicht in gleicher Weise wirksam ist wie ein gesetzliches Rauchverbot. Er konnte sich insoweit auf die Erfah-rungen mit der gescheiterten Umsetzung der Zielvereinbarung mit dem DEHOGA Bundes-verband berufen, die die Annahme nahe legten, dass die überwiegende Zahl der Gaststättenbetreiber mit Rücksicht auf ihre geschäftlichen Interessen nicht bereit ist, auf Angebote für rauchende Gäste zu verzichten.
Die Regelung für die Einraumgaststätten ist aber unverhältnismäßig im engeren Sinne. Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleiben (…).
Ein allgemeines Rauchverbot, wie es § 3 NSG LSA für Gaststätten und Diskotheken regelt, greift in schwerwiegender Art und Weise in die freie Berufsausübung der Betreiber ein. Vor dem Hintergrund eines Raucheranteils von 33,9 % unter der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland (vgl. Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mai 2008, S. 38) kann das Rauchverbot für einen nicht geringen Teil der Adressaten des Angebotes der Betreiber unattraktiv werden und zum Ausweichen auf solche Gaststätten führen, die Raucherräume eingerichtet haben. Auf diese Weise kann es bei den Betreibern von Einraumgaststätten zu erheblichen Umsatzrückgängen kommen. Dies wird ansatzweise durch eine Erhebung des Statistischen Bundesamts bestätigt, wonach die Umsatzrückgänge des Gaststättengewerbes – insbesondere der getränkegeprägten Gastronomie – in den Bun-desländern mit Rauchverbot deutlich stärker waren als in den Ländern, in denen für Gast-stätten noch keine Rauchverbote galten (vgl. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts vom 6. Juni 2008 – 207/08). Dies kann auch nicht durch den Hinweis auf Berichte aus Staa-ten mit bereits länger geltenden Rauchverboten relativiert werden, nach denen mit einer Er-holung oder sogar Verbesserung des Umsatzes zu rechnen ist, müssten die Betreiber von Gaststätten bis zu dieser Entwicklung über eine längere Zeit geringere Einnahmen hinneh-men. Derartige wirtschaftliche Auswirkungen können die Betreiber angesichts enger Ge-winnmargen zu einer Einschränkung oder sogar zur Schließung des Geschäftsbetriebs zwingen.
Diesen wirtschaftlichen Auswirkungen steht allerdings gegenüber, dass mit Rauchverboten in Gaststätten überragend wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden, wovon der Lan-desgesetzgeber in der Begründung des Gesetzes zutreffend ausgegangen ist. Dies gilt zu-nächst für den Schutz der Gesundheit der Einzelnen sowie der Bevölkerung, dem in der Werteordnung der Landesverfassung ebenso wie in derjenigen des Grundgesetzes ein ho-hes Gewicht zukommt (…). Aus Art. 5 Abs. 2 LVerf kann daher eine Schutzpflicht des Staates folgen, die eine Ri-sikovorsorge gegen Gesundheitsgefährdungen umfasst (…) und auch durch das staatliche Interesse an einer Entlas-tung der gesetzlichen Versicherungssysteme getragen wird, der angesichts der Folgen des demografischen Wandels eine steigende Bedeutung zukommt. Angesichts der Zahl der To-desfälle, die sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auf Erkrankungen durch Passivrau-chen zurückführen lassen, ist zudem auch der Schutz des menschlichen Lebens betroffen. Aus Art. 5 Abs. 2 S. 1 LVerf lässt sich insoweit eine Schutzpflicht des Staates ableiten, die es ihm gebietet, sich schützend und fördernd vor das Leben jedes Einzelnen zu stellen (…).
Die vom Landesgesetzgeber im Gesetzesentwurf zugrunde gelegte Annahme einer beträchtlichen Gefährdung dieser Rechtsgüter begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil er sich insoweit der in der Wissenschaft vorherrschenden Einschätzung angeschlossen hat, wonach Tabakrauch auch bereits in geringsten Mengen wegen der enthaltenen gentoxi-schen Kanzerogene gesundheitsgefährdend sei.
Grundsätzlich steht dem Gesetzgeber ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum auch in Bezug auf die Frage zu, ob und mit welchem Schutzniveau er auf Gefährdungen durch privates Verhalten reagieren soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen können (…). Er kann dabei auch den gegenläufigen Interessen mit unterschiedlicher Reichweite Rechnung tragen und bei der Ausgestaltung eines Schutzkonzepts so eine Lösung durch Zuordnung und Abwägung kollidierender Rechtsgüter entwickeln.
Im vorliegenden Zusammenhang ist indes zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber zur Be-rücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Betreiber von Gaststätten weit reichende Ausnahmevorschriften in das Gesetz integriert hat, die im Ergebnis dazu führen, dass das Ziel des Gesundheitsschutzes noch deutlicher als in anderen Landesgesetzen zum Nicht-raucherschutz mit Ausnahmetatbeständen relativiert wird, da auch der Schankraum als Rau-cherraum ausgewiesen werden darf. In einem solchen Fall erlangen folgerichtig die spezifi-schen wirtschaftlichen Auswirkungen des Rauchverbots für die getränkegeprägte Kleingast-ronomie im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ein stärkeres Gewicht (BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, a.a.O. Rdnr. 136).
Die Einraumgaststätten unterscheiden sich nicht nur durch eine geringere Zahl von Sitzplät-zen sowie das vorwiegend an Getränken und weniger an Speisen ausgerichtete Angebot von den übrigen Gaststätten, sondern vor allem eine besondere Gästestruktur. Sie sprechen überwiegend Stammgäste an, unter denen sich wiederum eine vergleichsweise große Zahl von Rauchern befindet. Der DEHOGA Bundesverband hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht auf Untersuchungen ver-wiesen, wonach in solchen Gaststätten der Raucheranteil unter den Gästen mindestens 50 % beträgt und in vielen Fällen mehr als drei Viertel erreicht. Da die Betreiber von Ein-raumgaststätten aufgrund der begrenzten räumlichen Kapazitäten regelmäßig keine Rau-cherräume anbieten können, verlieren ihre Lokale für den von ihnen vorwiegend angespro-chenen Kundenkreis der rauchenden Gäste erheblich an Attraktivität. Es ist daher zu erwar-ten, dass zahlreiche Raucher solche Gaststätten, bei denen sie ihren Aufenthalt nicht mit Tabakrauchen verbinden können, entweder nicht mehr aufsuchen oder aber die Dauer ihres Besuchs deutlich verkürzen werden.
Die damit einhergehenden Umsatzrückgänge werden durch die bereits erwähnte Untersu-chung des Statistischen Bundesamts zumindest tendenziell belegt. Danach sind die Umsät-ze in der getränkegeprägten Gastronomie, der die angesprochenen Gaststätten typischer-weise zuzuordnen sind, in den Bundesländern mit Rauchverboten für Gaststätten deutlich stärker zurückgegangen als in den Ländern, in denen Rauchverbote noch nicht in Kraft ge-treten waren. So standen im dritten Quartal 2007 Umsatzrückgänge von 9,8 % solchen von 6,8 % gegenüber, während im vierten Quartal desselben Jahres sogar Rückgänge von 14,1 % gegenüber solchen von 8,8 % zu verzeichnen waren. Die Untersuchung belegt zu-gleich die besondere Betroffenheit der Gaststätten, die vorwiegend Getränke anbieten; denn für die speisegeprägte Gastronomie hat derselbe Vergleich für das dritte Quartal keinen und im vierten Quartal nur einen geringen Umsatzrückgang ergeben.
Es liegt weiterhin die Annahme nahe, dass durch die Zulassung von abgetrennten Raucher-räumen weitere Gäste, die auf Rauchen nicht verzichten wollen, sich von den kleineren Gaststätten, die solche Räume nicht einrichten können, abwenden und nun größere Gast-stätten mit Raucherräumen besuchen. Nicht nur das Aktionsbündnis Nichtrauchen hat in sei-ner Stellungnahme die Auffassung vertreten, eine Abwanderungsbewegung von Einraum-gaststätten in Gaststätten mit Raucherraum sei nicht von der Hand zu weisen. Auch das Deutsche Krebsforschungszentrum führt zur Frage einer Abwanderungsbewegung der Stammgäste von Eckkneipen in die Raucherräume größerer Gaststätten aus, ein solches Kundenverhalten sei aus ökonomischer Sicht sehr plausibel.
Die durch das Rauchverbot verursachten Umsatzrückgänge haben somit für die Betreiber kleinerer Gaststätten auch dann schwerwiegende Folgen, wenn sie nur vorübergehender Natur sind. Aufgrund ihres geringen Platzangebots ermöglichen solche Gaststätten ihren Betreibern keine hohen Einnahmen und damit auch nicht die Bildung größerer Rücklagen. Umsatzrückgänge bei unveränderten Fixkosten haben daher zur Folge, dass schwächere Geschäftsphasen nicht für längere Zeit zu überbrücken sind und eine solche Gaststätte bald nicht mehr rentabel betrieben werden kann.
Gemessen an der Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsentscheidung, die der Kon-zeption des Nichtraucherschutzes zugrunde liegt, sind den Gastwirten der getränkegepräg-ten Einraumgaststätten die besonderen Belastungen, die für sie durch das für sie geltende absolute Rauchverbot geschaffen werden, nicht zuzumuten.
Der Landesgesetzgeber hat Ausnahmen vom Rauchverbot in Gaststätten für abgeschlosse-ne Räume zugelassen, wobei auch der Schankraum als Raucherraum ausgewiesen werden kann. Für größere Gaststätten, die über solche Nebenräume verfügen oder solche einrichten können, gilt hiernach nur ein relatives Rauchverbot; ihrem Interesse, auch den rauchenden Gästen ein Angebot unterbreiten zu können, wird damit nachgekommen. Hingegen besteht für kleinere Gaststätten weiterhin ein absolutes Rauchverbot, sofern hier – wie aufgrund der geringeren Grundfläche regelmäßig der Fall – weitere Rräume nicht verfügbar sind. Nur ge-genüber den Betreibern solcher Gaststätten bleibt es bei einer strikten Verfolgung des Schutzziels. Die Gesundheitsgefährdungen durch Passivrauchen erhalten so bei der Abwä-gung gegenüber der Berufsfreiheit der Gastwirte ein unterschiedliches Gewicht.
Aufgrund dieser ungleichen Gewichtung führt das Rauchverbot für die Betreiber von kleine-ren Gaststätten zu einer erheblich stärkeren wirtschaftlichen Belastung als für die Betreiber größerer Lokale. Nur Letztere vermögen ihre Angebote durch die Ausweisung von Raucher-räumen für Raucher attraktiver zu gestalten. Für Betriebe der Kleingastronomie können sich hingegen die Nachteile, die mit dem speziell für sie geltenden absoluten Rauchverbot ver-bunden sind, in existenzbedrohenden Umsatzrückgängen niederschlagen. Betroffen sind ty-pischerweise Kleingaststätten, deren Angebot sich im Wesentlichen auf den Ausschank von Getränken beschränkt. Von den Betreibern solcher Gaststätten wird mithin die strikte Einhal-tung des Rauchverbots selbst um den Preis des Verlustes ihrer wirtschaftlichen Existenz ge-fordert, obgleich der Landesgesetzgeber den angestrebten Gesundheitsschutz nicht unein-geschränkt, sondern nur unter Berücksichtigung der beruflichen Belange der Gastwirte ver-folgen will. Angesichts der Zurücknahme des erstrebten Schutzziels steht das Maß der sie hiernach treffenden Belastung aber nicht mehr in einem zumutbaren Verhältnis zu den Vorteilen, die der Gesetzgeber mit dem gelockerten Rauchverbot für die Allgemeinheit erstrebt.
Dies gilt umso mehr, als bei der gewählten Konzeption für die Ausgestaltung des Nichtrau-cherschutzes gerade die Berücksichtigung auch der Interessen der getränkegeprägten Kleingastronomie folgerichtig wäre, weil diese von dem Rauchverbot in Gaststätten ohnehin besonders nachteilig betroffen ist. Tatsächlich ist diesem Gesichtspunkt jedoch, wie die Gesetzesmaterialien belegen, kein nennenswerter Stellenwert eingeräumt worden. Die Aus-nahmen vom Rauchverbot und dabei namentlich die Zulassung von Raucherräumen schaf-fen im Gegenteil noch eine zusätzliche Ursache für die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der genannten Gastwirte. Der Landesgesetzgeber trägt durch die von ihm gewählte Konzeption und Ausgestaltung der Ausnahmeregelung entscheidend dazu bei, dass sich die wirtschaftliche Lage der Einraumgaststätten noch weiter verschlechtert. Da für diese Lokale keine Raucherräume angeboten werden können, müssen ihre Betreiber nicht nur Verluste wegen der Raucher hinnehmen, die jetzt auf einen Gaststättenbesuch völlig verzichten oder ihren Aufenthalt verkürzen; sie sind vielmehr zusätzlich noch durch die Abwanderung der Gäste belastet, die nunmehr Gaststätten mit Raucherräumen aufsuchen. Die gesetzliche Regelung verschärft so die Belastung der Betreiber kleinerer Gaststätten, indem sie größe-ren Gaststätten, bei denen abgetrennte Raucherräume eingerichtet werden können, Vorteile im Wettbewerb um die Gäste verschafft. Vor diesem Hintergrund können die unterschiedlichen Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen auf die einzelnen Gaststättensparten nicht lediglich als Ausdruck der jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und des Wettbe-werbs unbeachtet bleiben.
Zwar ist dem Landesgesetzgeber zuzubilligen, dass die von ihm gewählte Konzeption des Nichtraucherschutzes von dem schlüssigen Ansatz ausgeht, dass ein Gast für jede beliebige Gaststätte die Möglichkeit erhalten soll, einen Platz zu finden, an dem er keinem Tabakrauch ausgesetzt ist. Dieser Grundsatz wird aber schon dadurch eingeschränkt, dass durch den Verlust der für Raucher benötigten Platzkontingente das Platzangebot im Nichtraucherbereich reduziert wird und sich Gäste deshalb veranlasst sehen, in Raucherräume auszuwei-chen. Vor allem aber weicht das gewählte Schutzkonzept von seinem eigenen Grundansatz ab, einen Interessenausgleich herzustellen, und berücksichtigt nicht die Interessen der durch das Rauchverbot besonders betroffenen Einraumgaststätten, sondern einseitig die Belange der nicht rauchenden Gaststättenbesucher.
2.2.6. Im Unterschied zu den Beschwerdeführern zu 4 bis 6 erstreben die Beschwerdeführe-rinnen zu 1 bis 3 keine zusätzliche Ausnahme vom Rauchverbot in Gaststätten, sondern wenden sich dagegen, dass ihnen ein bereits gesetzlich geregelter Ausnahmetatbestand vorenthalten wird. Damit haben sie Erfolg. Es ist mit Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 LVerf nicht vereinbar, dass auch Diskotheken, zu denen Jugendliche keinen Zutritt erhalten, von der Möglichkeit ausgeschlossen sind, nach Maßgabe des § 4 Satz 2 NSG LSA Raucherräume einzurichten.
Ungeachtet der Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 16 Abs. 1 LVerf ergeben, kön-nen Berufsausübungsregelungen nur dann Bestand haben, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsmäßig sind und insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 7 Abs. 1 LVerf beachten.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 7 Abs. 1 LVerf verpflichtet den Gesetzgeber, we-sentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. LVerfG, Urt. v. 16.11.2004 – LVG 5/05 – Rdnr. 25). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Diffe-renzierung verwehrt. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich vielmehr je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (…). Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerecht-fertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Daher ist das Gleichheitsgrundrecht verletzt, wenn der Gesetzgeber bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer ande-ren Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. LVerfG, Urt. v. 16.11.2004 – LVG 5/05 – Rdnr. 24 ff.). Diese Grundsätze gelten aber auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleich-behandlung von Personengruppen bewirkt. Deshalb sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, namentlich auf die durch Art. 16 Abs. 1 LVerf geschützte freie Berufsausübung, nachteilig auswirken kann (…).
Der allgemeine Gleichheitssatz gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Be-günstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vor-enthalten wird (…).
Daran gemessen ist der generelle Ausschluss der Diskotheken von der Begünstigung, die in der Ausnahme abgetrennter Raucherräume vom Rauchverbot gemäß § 4 Satz 2 NSG LSA zu sehen ist, nicht gerechtfertigt.
Mit der gesetzgeberischen Differenzierung zwischen Gaststätten im Allgemeinen und sol-chen der besonderen Betriebsart „Diskothek“ (vgl. § 3 Abs. 1 GastG) werden Sachverhalte unterschiedlich behandelt. Dabei ist von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers auszu-gehen, weil die Ungleichbehandlung der Sachverhalte automatisch eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Die begrenzte Reichweite der Ausnahmeregelungen in § 4 Satz 2 NSG LSA führt dazu, dass die Betreiber von Diskotheken anders als die übrigen Gaststättenbetreiber daran gehindert sind, für ihre Gäste Raucherräume einzurichten. Dies hat zur Folge, dass Diskothekenbetreiber nicht in freier Ausübung ihres Berufs das Angebot ihrer Gaststätten auch für Raucher attraktiv gestalten können. Damit wirkt sich die Ungleich-behandlung der Sachverhalte nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Frei-heiten, nämlich auf die Berufsfreiheit aus, die auch die Beschwerdeführer zu 1 bis 3 als Kapi-talgesellschaften gemäß Art. 20 Abs. 3 LVerf für sich beanspruchen kann (…).
Für diese Ungleichbehandlung fehlt es an hinreichenden Gründen. Das ausnahmslose Rauchverbot für Diskotheken dient zwar vor allem dem Schutz der Jugendlichen vor den Ge-fahren des Passivrauchens. Der Gesetzgeber trägt dem Umstand Rechnung, dass die Schadstoffkonzentration in Diskotheken besonders hoch ist, was bei gleichzeitiger körperli-cher Aktivität der Gäste zu stärkerer Inhalation der schadstoffhaltigen Innenraumluft führt. Durch das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken soll zudem Nachahm- und Nachfol-geeffekten bei Jugendlichen Rechnung getragen werden. Die Existenz von Raucherräumen könnte für Nichtraucher als Aufenthaltsort wegen der dortigen Kommunikation attraktiv sein, zumal dort nicht getanzt werden darf.
Diese Gründe sind aber nicht von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie ungleiche Rechtsfolgen für Diskotheken einerseits und die übrigen Gaststätten andererseits rechtfertig-ten. Dies gilt zunächst, soweit der Gesetzgeber für Diskotheken von einem gesteigerten Schutzbedarf zugunsten der Gäste ausgeht. Zwar steht dem Gesetzgeber auch hier ein Spielraum hinsichtlich der Einschätzung von Gefahren zu, die der Allgemeinheit drohen. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber seinen Überlegungen eine besonders hohe Schadstoffkonzentration in Diskotheken zugrunde gelegt hat. Er kann sich hierfür auf einschlägige wissenschaftliche Untersuchungen wie etwa die Ergebnisse des bereits erwähnten Forschungsprojekts unter der Federführung des Bayeri-schen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit berufen. Danach wurde für al-le Gastronomiebetriebe, gleich welcher Kategorie, eine hohe Belastung der Raumluft mit to-xischen und krebserzeugenden Substanzen aus dem Tabakrauch festgestellt, wobei die höchsten Belastungen auf Diskotheken entfallen. Dieser Umstand macht jedoch, wenn für andere Gaststätten Raucherräume zugelassen werden, den generellen Ausschluss dieser Ausnahme für Diskotheken nicht erforderlich. Ist das Rauchen nur noch in vollständig abge-trennten Nebenräumen erlaubt, so entfällt das an die besondere Betriebsart anknüpfende Argument der gesteigerten Gefährlichkeit von Passivrauchen in Diskotheken. Eine Gefähr-dung der Gäste in den Nichtraucherbereichen kann durch strikte Einhaltung der Vorgaben des § 4 Sätze 2 und 3 NSG LSA verhindert werden, der auch für Raucherräume in Diskothe-ken zu beachten ist. Hiernach dürfen durch die Einrichtung von Raucherräumen die Belange des Nichtraucherschutzes nicht beeinträchtigt werden, so dass – nötigenfalls durch techni-sche Maßnahmen – sichergestellt sein muss, dass eine Belastung der Luftqualität durch Ta-bakrauch außerhalb der Raucherräume nicht zu verzeichnen ist. Eine solche Abtrennung ist auch praktikabel; die Ansicht der Landesregierung, in Diskotheken sei eine wirksame Ab-trennung von Raucher- und Nichtrauchebereich nicht möglich, wird insoweit nicht geteilt.
Aufgrund des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers begegnet die Annahme einer be-sonderen Gefährdungssituation für Jugendliche in Diskotheken keinen verfassungsrechtli-chen Bedenken. Das ausnahmslose Rauchverbot in Diskotheken ist jedoch nicht erforder-lich, um den Nachahmungs- und Cliqueneffekt zu bekämpfen. Um den angestrebten Schutz der Jugendlichen zu erreichen, reicht es nämlich aus, wenn – wie etwa im Land Berlin durch § 4 Abs. 3 Satz 2 NRSG geregelt – der Ausschluss von Raucherräumen auf solche Diskothe-ken beschränkt wird, zu denen Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr Zutritt haben. Die Betreiber vieler Diskotheken sehen ohnehin Altersbegrenzungen für ihr Publikum vor und könnten auf diese Weise selbst entscheiden, ob sie es vorziehen, auf die Einrichtung von Raucherräumen zu verzichten oder aber den Publikumszutritt beschränken wollen. Eine sol-che, Wahlmöglichkeiten der Diskothekenbetreiber eröffnende Regelung stellt das mildere Mittel gegenüber dem generellen Ausschluss von Raucherzimmern dar (BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, a.a.O., Rdnr. 159).
Auch vor dem Hintergrund der Zielsetzung, Nachfolge- und Cliqueneffekte bei dem erwach-senen Publikum in Diskotheken zu verhindern, kann der Ausschluss von Raucherzimmern nicht gerechtfertigt werden. Der Landesgesetzgeber hat schon mit der allgemeinen Zulas-sung von Raucherräumen in Gaststätten in Kauf genommen, dass sich dort auch Nichtrau-cher aufhalten. Damit sind aber auch Nachfolgeeffekte bei Erwachsenen akzeptiert worden, die nicht in gleichheitswidriger Weise nur bei Diskotheken unterbunden werden dürfen. Selbst einem gesteigerten Nachfolgeeffekt, von dem der Gesetzgeber aufgrund des vorwiegend aus jungen Erwachsenen bestehenden Diskothekenpublikums ausgeht, kann auf weni-ger belastende Weise dadurch entgegengewirkt werden, dass die Attraktivität der Raucher-räume reduziert wird. Hierfür kommt insbesondere die Möglichkeit in Betracht, die Einrich-tung von Tanzflächen in Raucherräumen zu untersagen. Entsprechende Regelungen bestehen etwa für die Freie Hansestadt Bremen (§ 3 Abs. 6 Satz 3 des Bremischen Nichtraucher-schutzgesetzes) und die Länder Rheinland-Pfalz (§ 7 Abs. 1 Satz 2 des Nichtraucherschutz-gesetzes Rheinland-Pfalz), Saarland (§ 3 Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens) und Thüringen (§ 5 Satz 3 des Thüringer Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens).
Die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Bestimmungen führt nicht zu deren Nichtig-keit. Da der Landesgesetzgeber eine Neuregelung auf mehreren Wegen realisieren kann, ist lediglich die Unvereinbarkeit der gegenwärtigen Regelungen mit der Landesverfassung fest-zustellen (…).
Das Landesverfassungsgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Setzung einer Frist für eine gesetzgeberische Neuregelung nach der Feststellung der Unvereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit der Landesverfassung abgelehnt, da es an einer entspre-chenden gesetzlichen Grundlage mangele (vgl. LVerfG, Urt. v. 26.07.2007 – LVG 9/06 – Rdnr. 119). Diese Rechtsprechung wird geändert; der vorliegende Fall verdeutlicht, dass sie nicht der Regelungsintention des § 41 LVerfGG entspricht, der gem. § 50 LVerfGG im vorlie-genden Verfahren zur Anwendung kommt, und mit dem das gesamte Steuerungskonzept im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung übernommen wird, wie es das Bundesverfassungsge-richt – ohne eine vergleichbare normtextliche Grundlage im Bundesverfassungsgerichtsge-setz – entwickelt hat (…); dazu gehört auch die an den Gesetzgeber adres-sierte Fristsetzung für eine verfassungskonforme Neuregelung. Ohne eine solche Fristset-zung führt eine bloße Unvereinbarkeitserklärung zu einer erheblichen rechtlichen Unsicher-heit und stellt damit die letztlich auf die effektive Anwendung der Verfassung gerichtete Ziel-setzung dieser Tenorierung und das verfassungsgerichtliche Verfahren selbst in Frage. Bei-des spricht dafür, die in § 41 LVerfGG getroffene Regelung auch als Ermächtigung des Lan-desverfassungsgerichts zu verstehen, dem Gesetzgeber für die erforderliche Neuregelung eine Frist zu setzen und bis zu diesem Zeitpunkt, soweit erforderlich, eine Übergangsrege-lung zu treffen.
Für den Erlass verfassungsgemäßer Neuregelungen steht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. Dezember 2009 zur Verfügung. Die Länge dieser Frist ist ausreichend, um ihm hinreichende Zeit auch für eine Entscheidung über das grundlegende Konzept für die gesetz-liche Ausgestaltung eines Rauchverbots in Gaststätten zu belassen.
Die angegriffenen Bestimmungen bleiben wegen der hohen Bedeutung des Schutzes der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens in der Zwischenzeit bis zu einer ver-fassungsgemäßen Neuregelung anwendbar. Gemäß den Bestimmungen des Nichtraucher-schutzgesetzes ist danach weiterhin das Rauchen in Gaststätten untersagt.
Mit Blick auf die Berufsfreiheit der Gaststättenbetreiber besteht jedoch für den Zeitraum bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ein unabwendbares Bedürfnis nach einer Zwischenrege-lung durch das Landesverfassungsgericht auf der Grundlage des § 41 LVerfGG. Da hierbei größtmögliche Respektierung der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers verfassungsrechtlich angezeigt ist, muss dabei das Regelungskonzept des Gesetzgebers so weit als möglich er-halten werden. Das Landesverfassungsgericht erweitert daher lediglich die im Nichtraucher-schutzgesetz bereits vorgesehenen Ausnahmen um eine weitere zugunsten der Einraum-gaststätten. Die vorläufige Regelung der von dieser zusätzlichen Ausnahme erfassten Gast-stätten orientiert sich an der Zielvereinbarung zum Nichtraucherschutz in Hotellerie und Ga-stronomie zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und dem Bundesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes vom 1.03.2005. Dort wur-de mit den Interessenvertretern des Gaststättengewerbes als ein Maßstab für die Befreiung vom Nichtraucherschutz eine Gastfläche – definiert als der Bereich, in dem Tische und Stühle für den Aufenthalt von Gästen bereitgehalten werden – von weniger als 75 qm vereinbart, weil für derart kleine Lokale eine Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen „in aller Regel nicht sinnvoll“ sei. Anders als die – ohne Zwang zur räumlichen Trennung – alternativ vereinbarte Grenze von weniger als 40 Sitzplätzen, erscheint die – nicht ohne weiteres zu verändernde – Gastfläche als geeignete Größe, um bei typisierender Betrachtung als Indika-tor für die Möglichkeit der Einrichtung eines abgetrennten Raucherzimmers zu dienen. So-weit solche Gaststätten trotz der geringen Gastfläche einen abgetrennten Nebenraum im Sinne von § 4 Sätze 2 und 3 NSG LSA vorweisen und damit einen Raucherbereich einrich-ten können, gibt es allerdings keinen Anlass für eine Ausnahme vom Rauchverbot. Außer-dem ist die Befreiung, um die typischerweise besonders belastete Gruppe zu erfassen, auf solche Gaststätten zu beschränken, die keine zubereiteten Speisen anbieten und nur über eine entsprechende Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG verfügen.
Dem weiteren Regelungsziel der Landesgesetzgeber, insbesondere Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen, wird für die Übergangszeit dadurch Rechnung getragen, dass ein Gastwirt von der Ausnahme vom Rauchverbot nur Gebrauch machen kann, wenn er Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr den Zutritt zu seiner Gaststätte verwehrt. Am bisherigen gesetzgeberischen Konzept ausgerichtet (vgl. § 3 Abs. 3 NSG LSA) ist auch die Regelung zur Kennzeichnungspflicht der Rauchergaststätte und der damit geltenden Zutrittsbeschränkung.
Für Diskotheken wird durch die Zwischenregelung zur Vermeidung weiterer erheblicher wirtschaftlicher Nachteile in § 4 Satz 2 NSG LSA die weitere Maßgabe ergänzt, dass die Zu-lassung von Raucherräumen nur für solche Diskotheken nicht gilt, zu denen Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr Zutritt haben. Dadurch wird dem Hausrechtsinhaber ein Wahlrecht eingeräumt, das den bestehenden Gleichheitsverstoß vorläufig beseitigt. Ent-scheidet sich der Betreiber für eine Zulassung Jugendlicher, so kann er keine Raucherräume einrichten. Führt der Betreiber eine entsprechende Zugangsbeschränkung durch, so ist zu-sätzlich zu beachten, dass die Schadstoffkonzentration in Diskotheken besonders hoch ist und die gleichzeitige körperliche Aktivität der Gäste zu stärkerer Inhalation der schadstoffhal-tigen Innenraumluft führt (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.07.2008, a.a.O., Rdnr. 169). Dem ist im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Übergangsregelung durch einen Ausschluss von Tanzflächen in Raucherräumen zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 32 Abs. 1 und 2 LVerfGG-LSA.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (Absatz 1). Das Land ist verpflichtet, den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten (Absatz 2).