Das Landesverfassungsgericht von Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 22.10.2008 den § 6 Abs. 3 des Gesetzes zur Bildung von Stadt-Umland-Verbänden Halle (Saale) und Magdeburg (Stadt-Umland-Verbandsgesetz) für verfassungswidrig erklärt.
Nach § 2 Abs. 1 KomNeuglGrG sollen die in der Anlage zu § 2 Abs. 1 benannten Gemeinden einen Zweckverband bilden. Diesem ist nach Satz 2 die vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) zu übertragen. Nach § 2 Abs. 3 KomNeuglGrG können die betroffenen Gemeinden zu einem solchen Zweckverband zusammengeschlossen werden, wenn sie sich nicht bis zum 30. 6. 2006 freiwillig zu einem Zweckverband zusammenschließen.
Das kommunale Demokratiegebot sei durch die gesetzgeberische Ausgestaltung der Stimmverhältnisse in der Verbandsversammlung verletzt. Die Mitglieder des Zweckverbands entsendeten nach § 6 Abs. 1 je einen Vertreter in die Verbandsversammlung. Nicht alle Vertreter in der Zweckverbandsversammlung hätten aber gleiches Stimmgewicht. Nach § 6 Abs. 3 S. 1 besitze der Vertreter der kreisfreien Stadt 50% der Stimmen der anwesenden Vertreter in der Verbandsversammlung. Jeder Vertreter der übrigen Verbandsmitglieder habe dagegen eine Stimme je angefangene 1.000 Einwohner seiner Gemeinde. Der Gesetzgeber habe daher das Kriterium der Einwohnerstärke bei der Bemessung der Stimmenzahl in der Zweckverbandsversammlung zugrunde gelegt, was wie Art. 51 Abs. 2 GG zeige nicht ungwöhnlich sei und deutscher bundesstaatlicher Tradition entspreche. Das Stimmengewicht der kreisfreien Städte habe der Gesetzgeber dabei auf 50% reduziert, obwohl die Anzahl der Einwohner zu einer höheren Stimmengewichtung führen würde. Dies sei gerechtfertigt, weil es sonst zu einem Übergewicht der kreisfreien Städte in der Verbandsversammlung komme.
Die Regelung zur Stimmgewichtung verstoße aber gegen Art. 2 Abs. 3 i.V.m. Art. 87 SachsAnhVerf, weil die Regelung es zulasse, dass die kreisfreien Städte schon durch Hinzugewinnung lediglich einer weiteren Mitgliedsgemeinde eine Mehrheitsentscheidung herbeiführen könne. Bei der Übertragung der Flächennutzungsplanung von der Gemeinde auf einen Zweckverband sei die bürgerschaftlich-demokratische Dimension der kommunalen Selbstverwaltung betroffen. Mit dieser Hochzonung werde die Allzuständigkeit des gemeindlichen Wirkungskreises teilweise eingeschränkt.
Für die örtliche Ebene der Gemeinden fordere Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG daher eine mit wirklicher Verantwortlichkeit ausgestattete Einrichtung der Selbstverwaltung, durch die den Bürgern eine wirksame Teilnahme an den Angelegenheiten des Gemeinwesens ermöglicht werde.
Mit diesem Verständnis von gemeindlicher Selbstverwaltung lasse es sich nicht vereinbaren, dass die Flächennutzungsplanung einer Gemeinde von einer anderen Gemeinde mit Unterstützung lediglich nur einer weiteren Gemeinde des Stadt-Umland-Verbands maßgeblich bestimmt werden könne. Der Verlust der eigenständigen Aufgabenwahrnehmung der Gemeinde müsse durch effektive Mitwirkungsrechte auf der Ebene des Stadt-Umland-Verbands kompensiert werden.
Das Siebengebirge bei Bonn soll in einen “Bürgernationalpark” verwandelt und zu 75 % seiner Fläche der natürlichen Verwilderung überlassen werden um etwa 50 ausgemusterte Forstbedienstete dort als sogenannte Ranger beschäftigen zu können. Nachdem eine Zweckverbandslösung gescheitert ist, wird von der Ministerialbürokratie nunmehr versucht, auf dem Weg über ein Verbandsgesetz dieses unsinnige Vorhaben dennoch durchzusetzen. In diesem Zusammenhang ist das bespochene Urteil von besonderem Interesse. Ist es irgendwo im Internet veröffentlicht.
MfG DRENKER RA
Ja, Sie finden das Urteil im Volltext auf den Seiten des LVerfG Sachsen-Anhalt: http://www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de/?index=17&year=2008&text=623