Der Deutsche Anwaltverein hat auf seinem Anwaltstag am 21.05.09 durch Präsidiumsmitglied Hartmut Kilger die Bedeutung der Grundrechte hervorgehoben. Die Verfassung sei die Basis für die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. Der Kern der Grundrechte dürfe nicht angetastet werden. Sicherheit könne es ohne Freiheit und Recht nicht geben.
Ein schönes pointiertes Video von Alexander Lehmann zum Thema habe ich kürzlich auf http://www.dubistterrorist.de gefunden.
Das Landesverfassungsgericht von Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 22.10.2008 den § 6 Abs. 3 des Gesetzes zur Bildung von Stadt-Umland-Verbänden Halle (Saale) und Magdeburg (Stadt-Umland-Verbandsgesetz) für verfassungswidrig erklärt.
Nach § 2 Abs. 1 KomNeuglGrG sollen die in der Anlage zu § 2 Abs. 1 benannten Gemeinden einen Zweckverband bilden. Diesem ist nach Satz 2 die vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) zu übertragen. Nach § 2 Abs. 3 KomNeuglGrG können die betroffenen Gemeinden zu einem solchen Zweckverband zusammengeschlossen werden, wenn sie sich nicht bis zum 30. 6. 2006 freiwillig zu einem Zweckverband zusammenschließen.
Gerade bei Massengeschäften sind Unternehmen bemüht, Kosten, die mit der Vertragsdurchführung zusammenhängen zu minimieren. Dies meist zu Lasten des Verbrauchers. Häufig werden völlig überhöhte Mahngebühren oder Gebühren für Rücklastschriften erhoben, die offenbar von vielen Kunden bereitwillig gezahlt werden. Offenbar sollen die Kunden mit hohen Mahnkosten zur rechtzeitigen Zahlung angehalten werden, was mit der Ratio des Gesetzes jedoch nicht vereinbar ist. Dabei sehen die Gerichte Mahnkosten von maximal 2,50 EUR als gerade noch zulässig an.
(Das gilt allerdings häufig nicht bei Forderungen öffentlicher Einrichtungen, denn hier sind die Höhe der Mahngebühren oder Säumniszuschläge teilweise durch hoheitliche Satzung oder Verordnung festgelegt). Bei Rücklastschriften dagegen dürften m.E. nur 3,00 EUR ersatzfähig sein, was in der Höhe der Vereinbarung durch das Lastschriftabkommen zwischen den Banken entspricht.
Kennzeichenrechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Internet, insbesondere bei der Nutzung von Domain-Namen, sind an der Tagesordnung. Konflikte ergeben sich dabei häufig, wenn Dritte die Bekanntheit eines anderen für eigene Wettbewerbsvorteile zu nutzen versuchen.
So sorgte die studiVZ Ltd. in letzter Zeit für Aufsehen, indem sie gegen zahlreiche Betreiber von Internetangeboten mit dem Domainbestandteil “VZ” vorging. Dies betraf beispielsweise “fussballerVZ”, “PokerVZ”, “BewerberVZ”, “RotlichtVZ”, “MatheVZ”, “tunivz”, oder “DogVZ”.
Das Landgericht Hamburg hat nun mit Urteil vom 02.10.2008 (Az. 312 O 464/08) einer GmbH aus Kulmbach die Nutzung von BörseVZ.de und anderer BörseVZ Top-Level-Domains untersagt. Der Betreiber von BörseVZ, bot unter den Domain-Namen ein “Informationsportal über Aktien und Depotzusammenstellungen” an. Das Gericht bestätigte mit seiner Entscheidung nun eine zuvor ergangene einstweilige Verfügung, der eine Abmahnung durch die studiVZ Ltd. vorausging. Daraufhin hatte der Betreiber versucht durch eine negative Feststellungsklage zu reagieren und so den Gerichtsstand von Hamburg nach Nürnberg zu verlegen.
Bei studiVZ handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um “rein beschreibende Bezeichnungen” im Sinne der §§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 23 Nr. 2 MarkenG. Die Zeichen hätten aufgrund der Kombination der Bezeichnung einer Personengruppe mit dem Bestandteil “VZ” eine ausreichende Kennzeichnungskraft. Bei der Zeichenfolge “VZ” handele es sich auch nicht um eine gebräuchliche Abkürzung für das Wort Verzeichnis. Es bestehe Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens, wofür auch die allgemeine Lebenserfahrung und der Umstand spreche, dass Zielgruppe beider Parteien Jugendliche und jungen Erwachsenen seien. Der studiVZ Ltd. stehe daher ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG und § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG zu.
Das Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig und die unterlegene Partei hat in einer Pressemitteilung kämpferisch angekündigt, den Rechtsweg erschöpfen zu wollen.
Zu Recht sanktioniert das deutsche Strafrecht die Darstellung sexueller Handlungen von und an Kindern (§ 184b StGB). Die Darstellung und die Kommerzialisierung von Kinderpornographie ist, wegen des zwangsläufig vorangegangenen Missbrauchs von Kindern (§ 176 ff. StGB), widerwärtig, moralisch zu verurteilen und strafwürdig. Daran besteht kein Zweifel. Und doch gilt auch bei der Verfolgung solcher Straftaten, dass nicht alles, was möglich erscheint, sinnvoll und rechtmäßig ist. Der Rechtsstaat betrachtet auch schlimme Taten nüchtern und reagiert nicht hektisch mit dem Wunsch nach Vergeltung oder Verfolgung um jeden Preis.
Die politische Versuchung ist indes groß, das Thema populistisch aufzugreifen, indem radikale Lösungen propagiert werden. Eine breite öffentliche Zustimmung gilt als sicher. So hat sich kürzlich Bundesministerin Ursula von der Leyen mit der Forderung nach Internetzensur zu profilieren versucht. Nach Ansicht der Ministerin sei eine gesetzliche Verpflichtung der Access-Provider zum Sperren kinderpornographischer Webseiten unabdingbar.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit Urteil vom 11.04.2008 (Az. VerfGH 22/05) die die 5%-Sperrklausel nach § 22 Abs. 2 ThürKommWahlG auch bei analoger Anwendung auf die Wahlen zum Kreistag für nichtig erklärt. Die Regelung sei mit Art. 95 S. 1 der Verfassung des Freistaats unvereinbar und deshalb mit Wirkung für die nächsten Kommunalwahlen nichtig.
Das Verwaltungsgericht Weimar hatte die Frage dem Verfassungsgericht wegen einer Klage der ehemaligen FDP Landtagsabgeordneten und Rechtsanwältin Maria-Elisabeth Grosse zur Entscheidung vorgelegt. Hintergrund war die Wahl zum Stadtrat der Stadt Weimar 2004. FDP/WFU scheiterten damals mit 4,417 % kanpp an der 5%-Klausel. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren daraufhin ausgesetzt, um eine Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichthofs darüber einzuholen, ob die Vorschrift des § 22 Abs. 2 ThürKWG mit der Verfassung des Freistaates Thüringen vereinbar ist.
Die Bundesregierung will, nach einem Bericht der FAZ, Absprachen in Strafverfahren gesetzlich regeln und damit damit die Möglichkeit ausweiten, Angeklagten bei der Strafzumessung entgegenzukommen, wenn sie im Gegenzug mit dem Gericht kooperierten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf habe das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet.
Gegenstand der sog. Deals soll nur das Strafmaß, nicht aber der Schuldspruch als solcher sein. Insbesondere in Wirtschaftsstrafsachen und Drogenprozessen hätten sich Deals bewährt, meint Bundesjustizministerin Zypries (SPD). Nach dem neuen § 257c StPO solle das Gericht Inhalte einer Vereinbarung bekanntgeben und genau Unter- und Obergrenzen der möglichen Strafzumessung erkennbar machen. Die Verhandlung dürfe dann nur während der öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen. Der Richter müsse über mögliche weitere Gespräche berichten.
Der Entwurf sehe weiter vor, dass das Gericht auch von einer getroffenen Vereinbarung zurücktreten könne, wobei dann ein Geständnis in diesem Zusammanhang nicht weiter verwertbar sei.
Problematisch seien Deals im Strafverfahren dagegen nach Jörg van Essen (FDP), weil sie das Vertrauen in die Justiz schwächten. Das Strafmaß dürfe nicht in einem “Hinterzimmer zwischen Gericht, Verteidigung und Anklage ausgekungelt werden”. Andererseits seien Absprachen allgemein anerkannt, auch setze der Gesetzentwurf eine Forderung des Bundesgerichtshofes um. Dieser habe Absprachen für grundsätzlich zulässig erklärt und als verfahrensökonomisch unerlässlich angesehen.
Das Bundespatentgericht (BPatG) in München hat mit Beschluss vom 17.07.2008 (Az. 26 W (pat) 69/05) eine Beschwerde gegen die Löschungsanordnung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) zurückgewiesen.
Das Staatswappen der ehemaligen DDR mit dem Zusatz “FÜR DEN SCHUTZ DER ARBEITER UND BAUERN MACHT” sei ersichtlich entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG eingetragen worden. Die Markenabteilung habe die Eintragung der Marke zu Recht gemäß § 50 Abs. 3 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 5 2. Alt. MarkenG gelöscht.
Das DPMA hatte ausgeführt, dass von einer ersichtlich ironisch gemeinten Aussage, wie dies vom Markeninhaber behauptet werde, keine Rede sein könne. Vielmehr habe die Marke ein besonderes Symbol der Staatsmacht der früheren DDR dargestellt, welches insbesondere als Zeichen der Anerkennung ehrenvoller Dienste in den “bewaffneten Organen”, z.B. den Grenztruppen, der Nationalen Volksarmee, der Polizei sowie den Kampftruppen der Arbeiterklasse, verwendet worden sei, und das als geeignet erscheine, die Staatsorgane der ehemaligen DDR, die für die “Sicherung” der innerdeutschen Grenze und die politische Verfolgung zuständig waren, und deren Taten, wie z.B. die Inhaftierung von Systemkritikern und die Festnahme bzw. Erschießung von Grenzflüchtlingen gemäß dem so genannten Schießbefehl, zu verherrlichen.
Dem stimmte das Gericht zu. Grundsätzlich sei bei der Annahme einer politischen oder gesellschaftlichen Anstößigkeit zwar Zurückhaltung geboten, weil die Werbung im Allgemeinen immer häufiger negative oder anrüchige Bedeutungsgehalte aufweise. Das DDR-Staatswappen mit dem Zusatz verstoße jedoch gegen die guten Sitten, weil es von einem beachtlichen Teil der inländischen Durchschnittsverbraucher als politisch anstößig empfunden werde.
Bei der gelöschten Marke habe es sich um ein Symbol gehandelt, das bei der Auszeichnung von Soldaten und anderen Bediensteten der Schutz- und Sicherheitsorgane der ehemaligen DDR verwendet wurde, die u.a. für den Vollzug des Schießbefehls, sowie für die Verfolgung von Systemkritikern zuständig waren. Deshalb werde die Allgemeinheit die Verwendung eines solchen Symbols als Marke aus grundsätzlichen politischen und sittlichen Erwägungen missbilligen und sie als puren, politisch unerträglichen Sarkasmus gegenüber den Opfern und deren Angehörigen, empfinden.
Das sachsen-anhaltische Landesverfassungsgericht in Dessau hat mit Urteil vom 22.10.2008 (Az. LVG 3/08) wesentliche Teile des “Gesetzes zur Wahrung des Nichtraucherschutzes im Land Sachsen-Anhalt” für verfassungswidrig erklärt. Bis Ende 2009 muss der Landtag eine Neuregelung treffen.
Bis dahin kann in Gaststätten (i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG ) mit weniger als 75 m² wieder geraucht werden, sofern nur Volljährige Zutritt haben und am Eingang eine Kennzeichnung als “Rauchergaststätte” angebracht wird. In Diskotheken zu denen nur Volljährige Zutritt haben können “Raucherräume” – in denen jedoch nicht getanzt werden darf – eingerichtet werden, .
Das Landegericht Frakfurt am Main hatte durch Beschluss am 30.09.2008 (Az.2-18 O 123/08) ebenfalls über die Frage der Verantwortlichekit beim Betrieb eines Filesharing (edonkey) Trackers zu entscheiden. Während etwa zwei Wochen später das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 15.10.2008 (Az. I-20 U 196/07, 20 U 196/07) eine Verantwortlichkeit des Betreibers ablehnte, nahm das Landegericht Frakfurt eine Haftung an.
Im Zurverfügungstellen der Auflistung aller freigegebenen Dateien der jeweils am Server angemeldeten Nutzer sei ein öffentliches Zugänglichmachen dieser Daten im Sinne des § 19a UrhG gegeben. Es sei dabei irrelevant, dass sich die streitgegenständlichen Werke tatsächlich nicht auf dem Server befunden haben. § 19a UrhG setze nicht voraus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk in digitaler Form im Herrschaftsbereich des Anspruchsgegners abgespeichert sei.
Für das Landgericht war schon ausreichend, dass ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk auf einem Tracker verzeichnet war. Unschädlich sei deshalb, dass für den Zugriff der Öffentlichkeit auch ein Beitrag mindestens eines anderen Nutzers (der die Datei auf seinem Rechner freigibt) erforderlich sei. Dessen Handeln sei selbstständig haftungsbegründend und eine Störerverantwortlichkeit anderer Beteiligter werde dadurch nicht ausgeschlossen.
Auch das Zurverfügungstellen der KAD-Funktion ändere daran nichts, weil es ausreiche, dass durch den Einsatz des Servers ein Download einfacher und problemloser erfolgen könne. Darüber hinaus werde die KAD-Funktion von den meissten Nutzern gar nicht verwendet, weil diese fortgeschrittene Computerkenntnisse erfordere.
Im betreffenden Fall wurde der Server durch eine GmbH betrieben. Nach dem Beschluß des Gerichtes haftet neben der GmbH auch der Geschäftsführer persönlich, weil sein Verhalten für die Rechtsverletzung ursächlich sei. Der Streitwert wurde auf 500.000 EUR festgesetzt.