Abmahnung durch Preisbindungstreuhänder

In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main konnte ein abgemahnter Internet-Buchhändler die zu erstattenden Abmahnkosten erfolgreich von 1.091,03 EUR auf 203,00 EUR senken. Hintergrund der Auseinandersetzung war ein Streit um die in Deutschland bestehende Buchpreisbindung, nach der Verlage oder Buchimporteure verpflichtet sind, einen Verkaufspreis festzusetzen, der von Händlern einzuhalten ist. Der Beklagte hatte gegen diese Preisbindung verstoßen, weil er geschäftsmäßig Bücher an Endkunden verkauft hat, ohne den festgesetzten Preis einzuhalten.

1. Buchpreisbindungstreuhänder ist ein Rechtsanwalt, der die Interessen mehrerer Verleger als Treuhänder gemeinsam verteilt, indem er die Preisbindung betreut. Es ist nicht erforderlich, dass alle von ihm Vertretenen den Treuhandauftrag gemeinsam und gleichzeitig erteilt haben.

2. Zu den Anforderungen an die Festsetzung und Veröffentlichung eines Endpreises (§ 5 Abs. 1 BuchPrG)

3. Wer geschäftsmäßig neue Bücher an Letztabnehmer unter dem nach § 5 BuchPrG festgesetzten Endpreis verkauft, muss darlegen und beweisen, dass das Buch nicht (mehr) der Preisbindung unterfällt.

4. Dem Preisbindungstreuhänder steht eine Abmahnpauschale als Aufwendungsersatz zu, die sich an seinen tatsächlichen Aufwendungen bei der Abmahnung von Preisbindungsverstößen orientiert. Sie beträgt derzeit 203,- €.

(amtliche Leitsätze)

5. Die Abmahnung ist nicht deshalb unwirksam, weil keine Vollmacht beigefügt und der Beklagte dies unverzüglich gerügt hat.

6. Der Verkauf von mehr als 40 Büchern in einem Zeitraum von sechs Wochen über das Internet ist im privaten Verkehr unüblich und genügt für die Feststellung geschäftsmäßigen Handelns.

7. In ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Kläger für die Abmahnung Aufwendungsersatz nicht in Höhe einer Geschäftsgebühr gemäß § 13, 14 RVG, sondern nur Ersatz seiner tatsächlichen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Abmahnung verlangen

(redaktionelle Leitsätze)

Urteil des OLG Frankfurt vom 08.12.2009 (Az. 11 U 72/07)

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden – 2. Kammer für Handelssachen – vom 8.11.2007 (Az.: 13 O 166/07) abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 203,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.6.2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 81 % und der Beklagte 19 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt als Buchpreisbindungstreuhänder den Ersatz von Abmahnkosten von dem Beklagten. Wegen des Sach- und Streitstandes und der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 176 ff. d.A.).

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.091,03 € nebst Zinsen verurteilt.

(…) Zur Begründung seiner Berufung hat er unter Bezugnahme auf den Prozesskostenhilfeantrag vom 21.12.2007 im Wesentlichen wie folgt vorgetragen:

Dem Kläger fehle die Aktivlegitimation, die Abmahnung vom 4. Dezember 2006 sei unwirksam, weil dem Abmahnschreiben – was unstreitig ist – keine Vollmachtsurkunde beigefügt und dies unverzüglich gerügt worden sei. Zum Zeitpunkt des Buchverkaufs durch den Verlag sei kein gebundener Verkaufspreis festgelegt gewesen. Er, der Beklagte, habe das Buch in einem Preisausschreiben gewonnen, weshalb der Weiterverkauf nicht mehr der Preisbindung unterliege. Auch habe er nicht geschäftsmäßig gehandelt. Der vom Landgericht zugesprochene Aufwendungsersatz sei der Höhe nach übersetzt.

Der Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

(…)

II.

A.

Die Berufung ist zulässig.

Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Einer Partei, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage eine Rechtsmittelfrist nicht wahren kann, ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn sie nach Wegfall des Hindernisses durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe fristgerecht Wiedereinsetzung beantragt und das versäumte Rechtsmittel nachholt (§§ 233, 234 ZPO).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. (…)

B.

Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Abmahnung des Beklagten mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 zu, jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert.

Er klagt [als] Preisbindungstreuhänder gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 3 BuchPrG. Preisbindungstreuhänder der Verlage ist ein Rechtsanwalt, der von Verlegern (und Importeuren) gemeinsam damit beauftragt worden ist, ihre Preisbindung zu betreuen.

Ohne Erfolg bestreitet der Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers.

Auf den entsprechenden Beweisbeschluss vom 3.3.2009 (Bl. 265 f. d.A.) haben die schriftlich vernommenen Zeugen Z6 (A-Verlag, Bl. 288 d.A.) und Z7 (B-Verlag, Bl. 274 d.A.) sowie der Nachfolger des Dr. Z8 (C AG, Bl. 279 f.) bestätigt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Abmahnung – November 2006 – von ihnen als Treuhänder beauftragt war.

Der daraufhin von dem Beklagtenvertreter erhobene Einwand, die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass der Kläger von den verschiedenen Verlagen gemeinsam als Preisbindungstreuhänder beauftragt worden sei, greift nicht durch. Dass der Anwalts-Treuhänder von Verlegern gemeinsam beauftragt worden sein muss, bedeutet nicht, dass ihn alle Verlage gleichzeitig und im Rahmen eines einzigen gemeinsamen Auftrags bestellt haben müssen. Eine solche Auslegung liegt sowohl nach dem Wortlaut wie nach Sinn und Zweck der Institution des Buchpreisbindungstreuhänders fern. Gemeinsam beauftragt ist ein Auftragnehmer nach dem Wortsinn nicht nur, wenn er von allen Auftraggebern gleichzeitig mit einem einheitlichen Bestellungsvorgang berufen wird, sondern auch dann, wenn er von mehreren Auftraggebern nacheinander beauftragt worden ist, weil es sich auch in diesem Fall um einen gemeinsamen Treuhänder handelt. Auch nach Sinn und Zweck der Bestimmung besteht kein Grund, eine zeitgleiche gemeinsame Beauftragung zu verlangen. Das Interesse, das die Treuhänder vertreten, ist in erster Linie die Erhaltung der Buchpreisbindung. Der Zweck des Gesetzes setzt eine entsprechende Autorität des Treuhänders voraus. Diese ist nur gegeben, wenn die von ihm vertretenen Verlage und Importeure nach Zahl und Größe ein repräsentatives Spiegelbild der Branche sind. Nur in diesem Fall besteht die Aktivlegitimation. Dabei legt ihre Aufgabe sie auf das gemeinsame Anliegen fest. Der Name Preisbindungstreuhänder bringt zum Ausdruck, dass sie die Interessen des gesamten Buchhandels auf dem Gebiet der Preisbindung auch nach außen wahrzunehmen haben (Franzen/Wallenfels/Russ, Preisbindungsgesetz, 5. Aufl., § 9 Rdn. 24 ff.). Für die Erreichung dieses Zweckes ist es nicht erforderlich, dass die Verlage ihrerseits zunächst gemeinsam bei der Beauftragung eines Treuhänders tätig werden, sondern genügt es, dass der Treuhänder eine entsprechend große Anzahl an Verlagen repräsentiert. Nicht die Gemeinsamkeit des Bestellungsvorgangs, sondern die Ausübung des Amtes im gemeinsamen Interesse ist nach Sinn und Zweck der Bestimmung maßgeblich.

2. Die Abmahnung ist nicht deshalb gemäß § 174 BGB unwirksam, weil der Kläger ihr keine Vollmacht beigefügt und der Beklagtenvertreter dies unverzüglich gerügt hat. In Rechtsprechung und Schrifttum wird seit längerem kontrovers erörtert, ob § 174 BGB zumindest entsprechend auf die Abmahnung mit der Folge anzuwenden ist, dass eine Abmahnung, der nicht das Original einer entsprechenden Vollmacht beigefügt ist, unverzüglich gemäß § 174 BGB zurückgewiesen werden kann (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009 § 12 Rn. 1.25; Piper/Ohly, UWG, 4.Aufl. § 12 Rn. 9 jew. m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist eine Analogie abzulehnen. Der 6. Senat hat hierzu ausgeführt (OLGR 01, 271):

„Bei der Frage, wie die wettbewerbsrechtliche Abmahnung rechtlich zu behandeln ist, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich hierbei um eine von der Rechtsprechung entwickelte Maßnahme handelt, um im öffentlichen Interesse eine Flut von Wettbewerbsprozessen zu vermeiden. Sie ist dem anspruchsberechtigten Verletzten durch die Rechtsprechung zu § 93 ZPO aufgezwungen worden und belastet ihn einseitig zugunsten des Verletzers. Sein Unterlassungsanspruch wird durch eine unterlassene Abmahnung nicht tangiert, seine Klage oder sein Eilantrag wird dadurch nicht unzulässig oder unbegründet. Hinsichtlich dieser – rein prozessuale Folgen betreffende – Funktion der Abmahnung, bei der es letzten Endes bei Abgabe der Unterlassungserklärung nach Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nur noch um die Kostentragungspflicht, d.h. die Anwendbarkeit des § 93 ZPO zugunsten des Verletzers geht, liegt lediglich ein Realakt vor, keine rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Auch nach Sinn und Zweck der Abmahnung scheidet eine Analogie zu § 174 BGB aus. Den Prozess vermeidenden Zweck der Abmahnung, den Verletzer auf eine drohende Klage hinzuweisen und ihm die Möglichkeit der Unterwerfung zu geben (Warnfunktion), erfüllt auch eine Abmahnung, für die eine Vollmacht nicht nachgewiesen ist. Darüber hinaus würde die Anwendbarkeit des § 174 BGB zu Verzögerungen führen, die es dem Verletzer erlaubten, sein rechtswidriges Tun noch eine Weile fortzusetzen, um so noch länger von seinem Rechtsbruch profitieren zu können.“

Diese Ausführungen betreffen zwar das Recht des unlauteren Wettbewerbs. Für das Recht der Buchpreisbindung kann indes nichts anderes gelten, zumal § 9 Abs. 3 BuchprG auf die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verweist. Der Senat neigt ebenfalls dazu, eine analoge Anwendung des § 174 BGB auf die Abmahnung aus den vom 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main dargelegten, überzeugenden Gründen abzulehnen. Jedenfalls aber war die Abmahnung hier nicht als bloße einseitige Erklärung ausgestaltet, sondern enthielt zugleich ein Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages. Zumindest in diesen Fällen besteht keine Notwendigkeit, die starre Regelung des § 174 BGB anzuwenden, denn für diese Fälle sieht die Rechtsordnung vor, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht (einstweilen) in die Position des Vertragspartners rückt und der Vertretene den Vertragsabschluss jederzeit genehmigen kann (Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O.Rdn. 1.27 m.w.N. auch zu a.A.).

Ohnedies hat der Beklagte die verlangte Unterwerfungserklärung abgegeben, so dass es nicht auf die Unwirksamkeit der Abmahnung, sondern die kostenrechtlichen Konsequenzen ankommt. Bestehen auf der Seite des Abgemahnten Zweifel, an der Berechtigung des Abmahnenden, so kann es zwar im Einzelfall geboten sein, ihm den Kostenvorteil des § 93 ZPO zu erhalten (Busch, GRUR 06, 477). Dann hätte der Beklagte indes spätestens im Zeitpunkt des Nachweises der Vollmacht den Klageanspruch erkennen müssen.

3. Ohne Erfolg rügt der Beklagte schließlich, das von ihm angebotene Buch „E“ habe im Zeitpunkt des Angebots noch keinen festgesetzten Preis im Sinne von § 5 BuchPrG gehabt. Wer Bücher verlegt oder importiert, ist verpflichtet, einen Preis einschließlich Umsatzsteuer (Endpreis) für die Ausgabe eines Buches für den Verkauf an Letztabnehmer festzusetzen und in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

Der von dem Kläger zum Nachweis eines gebundenen Ladenpreises von 24,90 € vorgelegte Auszug aus dem „Online-Verzeichnis lieferbarer Bücher“ vom 23.11.2006 (Bl. 11 d.A.) enthält als Preisinformation die Angabe: „24,90 EUR (geplanter Preis)“.

Die Bekanntgabe der festgesetzten Preise in geeigneter Weise soll sicherstellen, dass alle von den Verlagen belieferten Händler über den jeweils geltenden Preis informiert sind oder sich die erforderlichen Informationen verschaffen können. In erster Linie kommen hierfür branchentypische Datenbanken oder Mitteilungsorgane in Betracht. Entscheidend ist, dass jeder Händler über die festgesetzten Preise unterrichtet ist und seinen Kunden die Ladenpreise zuverlässig nennen kann (Franzen/Wallenfels/Russ a.a.O. § 5 Rdn. 4). Diese Voraussetzungen waren erfüllt, als der Beklagte das Buch im Internet zum Verkauf anbot. Zwar war im Verzeichnis lieferbarer Bücher der ausgewiesene Preis nur als geplanter Preis angegeben war. Der Zeuge Z5 hat bei seiner Vernehmung vor dem Senat die Preisfindung und Bekanntgabe des letztendlich festgesetzten endgültigen Verkaufspreises an die Bar- Sortimenter anschaulich und überzeugend geschildert. Danach kalkuliert der D-Verlag zunächst einen ca.-Preis, bevor das Buch in Druck geht, um noch auf mögliche preisrelevante Veränderungen reagieren zu können. Später wird im Verlag der endgültige Preis festgesetzt, wobei der Zeuge das Datum für die Festsetzung des endgültigen Preises im vorliegend interessierenden Fall mit Juni 2006 angegeben hat. Dieser Zeitpunkt liegt nach der Darstellung des Zeugen vor dem endgültigen Drucktermin, wobei der endgültige Preis dann der Druckerei mitgeteilt wird, die ihn auf die jeweiligen Aufkleber aufdruckt, mit denen das Buch versehen wird. Ferner wird über den endgültigen Preis die Auslieferung informiert, die den Preis unmittelbar in die Rechnungen übernimmt. Damit – so der Zeuge – wird der endgültig festgesetzte Buchpreis nach außen kundgegeben. Zwar gibt es, wenn es bei dem ursprünglichen ca.-Preis verbleibt, nach den Angaben des Zeugen keine weiteren Mitteilungen, etwa an die Bar-Sortimenter mehr. Diese wissen jedoch aufgrund des Aufklebers auf den Büchern und der Rechnungstellung, dass der zunächst angegebene ca.-Preis zum endgültigen gebundenen Preis geworden ist und korrigieren den aus der Vorschau des D-Verlages übernommenen ca.-Preis, sobald sie sich an der endgültigen Faktur des D-Verlages orientieren und diesen Preis als verbindlichen Preis zugrunde legen. Dies gilt nach Aussage des Zeugen auch, soweit die Bar – Sortimenter zunächst die Vorschau-Angaben des D-Verlages übernehmen. Damit ist dem Erfordernis sowohl einer Festsetzung wie auch der Veröffentlichung des festgesetzten Preises Genüge getan. Wie der Zeuge weiter bestätigt hat, wird sich der Buchhändler auf die Frage eines Kunden nach dem Buchpreis an den Verzeichnissen der Bar-Sortimenter orientieren oder unmittelbar beim Verlag anfragen. Dem entsprechend ist sichergestellt, dass alle von den Verlagen belieferten Händler über den jeweils geltenden Preis informiert sind oder sich die erforderlichen Informationen verschaffen können.

Zwar hat der Zeuge nicht konkret überprüft, ob die Bar-Sortimenter nach dem endgültigen Erscheinen des Titels den zunächst angegebenen ca.-Preis als endgültigen Preis in ihre Internetdatenbanken übernommen haben. Nach der Aussage des Zeugen erscheint dies aber schon deshalb zwingend, weil die Bar – Sortimenter anderenfalls auch in ihren Fakturen einen ca. –Preis ausweisen müssten. Dass das Verzeichnis lieferbare Bücher zum fraglichen Zeitpunkt noch eine ca.-Preisangabe enthielt, hat der Zeuge Z5 damit erklärt, dass das Verzeichnis möglicherweise nicht aktualisiert wurden, weil er – sofern sich der zunächst angegebene ca.-Preis nicht ändere – sich nicht die Mühe mache, die vorläufige Angabe wieder entfernen zu lassen. Diese – überholte – Preisangabe steht indes der Annahme eines verbindlich festgesetzten und in geeigneter Weise bekannt gemachten Preises nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass der festgesetzte Preis objektiv in geeigneter Weise bekannt gemacht worden ist, nicht, ob in einem einzelnen Verzeichnis eine falsche Angabe enthalten ist. Der Zeuge Z5 hat auch dargelegt, dass es keine verbindliche Institution für die Veröffentlichung und Bekanntgabe der endgültig festgesetzten Preise gebe. In Betracht kämen in erster Linie die branchentypischen Datenbanken und Mitteilungsorgane, zu denen auch das Verzeichnis lieferbarer Bücher gehört. An einer wirksamen Preisfestsetzung fehlt es nach Auffassung des Senats aber nicht schon dann, wenn in einem von mehreren in Betracht kommenden Verzeichnissen eine nicht aktualisierte, sondern überholte „Ca.-Preisangabe“ enthalten ist.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass in dem Verzeichnis lieferbarer Bücher lediglich von einem geplanten Preis die Rede war, denn er hat nicht behauptet, dass er vor der Einstellung seines Angebotes bei F Einsicht in dieses Verzeichnis genommen hat, um die Existenz eines festgesetzten Preises zu überprüfen.

4. Der Beklagte hat gegen diese Preisbindung verstoßen, weil er geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer verkauft hat, ohne den nach § 5 festgesetzten Preis einzuhalten.

a. Der Beklagte handelte geschäftsmäßig. Geschäftsmäßig handelt, wer – auch ohne Gewinnerzielungsabsichten – die Wiederholung gleichartiger Tätigkeiten zum wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung macht. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn Buchverkäufe in einem Ausmaß stattfinden, das im privaten Verkehr unüblich ist (OLG Frankfurt, NJW 2004, 2098). Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Gewinn erzielt wird oder der Verkäufer nur nebenbei Bücher verkauft. Der Verkauf von mehr als 40 Büchern in einem Zeitraum von sechs Wochen über das Internet ist im privaten Verkehr unüblich und rechtfertigt die Feststellung geschäftsmäßigen Handelns. Da es auf einer Gewinnerzielungsabsicht nicht ankommt, unterliegen auch Autoren, die gelegentlich – etwa im Rahmen von Lesungen – ihre eigenen Bücher an die Zuhörer verkaufen, der Preisbindung. Gleiches gilt für den Verkauf von Büchern am Rande von Seminaren, Messen oder sonstigen Verkaufsveranstaltlungen. Der Beklagte hat im Zeitpunkt des streitbefangenen Angebots insgesamt 39 Angebote bei G eingestellt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, er nehme regelmäßig an Preisausschreiben teil und biete die zahlreichen Buchpreise entsprechend zum Kauf an. Dass der Beklagte daneben einem Beruf nachgeht und die Erzielung von Gewinnen bei Preisausschreiben vom Zufall abhängt, steht danach der Annahme einer geschäftsmäßigen Betätigung nicht entgegen.

b. Das Buch unterlag im Zeitpunkt des Angebots der Preispreisbindung. Es hatte nicht nur – wie dargelegt – einen festgesetzten und öffentlich bekannt gegebenen gebundenen Ladenpreis, sondern war auch neu. Die Neuheit des Buches ergibt sich aus den Feststellungen erster Instanz, der Senat ist hieran gebunden. Anhaltspunkte die gegen die Neuheit des Buches sprechen, ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten, der behauptet hat, er habe das Buch in einem Preisausschreiben gewonnen und so im Internet angeboten.

Ob das Buch allerdings der Preisbindung auch dann noch unterläge, wenn es der Beklagte tatsächlich in einem Preisausschreiben gewonnen und sodann zum Verkauf angeboten hätte, braucht der Senat vorliegend nicht zu entscheiden. Die Buchpreisbindung bezieht sich- wie der Senat bereits früher entschieden hat (11 U 18/04 (Kart) – auf den ersten Verkauf von Büchern an Letztabnehmer. Dem Zweck der gesetzlichen Regelung ist danach Genüge getan, wenn der Buchhandel einmal am preisgebundenen Entgelt der ersten Veräußerung partizipiert hat (NJW 2008, 2098). Wer deshalb ein Buch geschenkt erhält, welches der Schenker zuvor als Endabnehmer in einer Buchhandlung erworben hat, unterliegt nicht mehr der Preisbindung, und kann über das ihm geschenkte Buch frei und beliebig verfügen. Dass dieser Gesichtspunkt auch greift, wenn der Veranstalter eines Preisausschreiben einen Buchpreis auslobt, den er entgeltlich erworben hat, so dass der Gewinner ebenfalls über das gewonnene Buch frei verfügen könnte, erscheint nicht ganz fern liegend. Der Kläger hat indes bestritten, dass der Beklagte das Buch in einem Preisausschreiben gewonnen hat. Da der Beklagte – unstreitig – ein neues Buch an Letztabnehmer unter dem gebundenen Ladenpreis zum Kauf angeboten hat und der Kläger somit einen Verletzungstatbestand schlüssig darlegt, muss der Beklagte einen Sachverhalt substantiiert vortragen und beweisen, aus dem sich eine Ausnahme von der Preisbindung ergäbe. Der Beklagte hat seine Liste mit Gewinnen vorgelegt, das streitbefangene Buch ist darin aber nicht enthalten. Er hat auch nicht substantiiert vorgetragen, bei welcher Gelegenheit er dieses Buch gewonnen haben will und konnte auch keine Beweise anbieten.

Hinsichtlich der Tatsache, dass das von ihm geschäftsmäßig angebotene Buch bereits einmal zum gebundenen Preis an einen Letztabnehmer veräußert worden war, ist der Beklagte beweisfällig geblieben.

Mit dieser Darlegungslast wird der Beklagte nicht unzumutbar belastet. Der Senat geht davon aus, dass es denjenigen, der geschäftsmäßig den Handel mit neuen Büchern betreibt, nicht unzumutbar belastet, darzulegen, aus welcher Quelle die von ihm angebotenen Bücher stammen und weshalb sie keiner Preisbindung unterliegen.

Nach allem hat der Beklagte die Behauptung des Klägers, das Buch „E“ sei von ihm unter Verstoß gegen die Preisbindung angeboten worden, nicht widerlegen können.

5. Dem Kläger steht kein Aufwendungsersatz in der geltend gemachten Höhe zu.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Kläger für die Abmahnung Aufwendungsersatz nicht in Höhe einer Geschäftsgebühr gemäß § 13, 14 RVG, sondern nur Ersatz seiner tatsächlichen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Abmahnung verlangen (Senatsurteil vom 24.4.2007, 11 U 41/06). Der Kläger hat hierzu im Laufe des Verfahrens verschiedene Berechnungen vorgelegt, die den Senat in die Lage versetzen, die tatsächlich entstandenen und zu ersetzenden Aufwendungen wenigstens annähernd zu schätzen und auf dieser Grundlage eine Pauschale festzusetzen, die in allen gleichgelagerten Fällen als Aufwendungsersatz für Abmahnungen von Buchpreisbindungsverstößen zugrunde gelegt werden kann.

Maßgeblich sind dafür zunächst nur diejenigen tatsächlichen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Abmahntätigkeit entstehen. Der Versuch des Klägers, seine gesamten Kanzleikosten auf die drei in der Sozietät mit Buchpreisbindungsangelegenheiten befassten Anwälte umzulegen (Schriftsatz vom 29. September 2008), wobei er auf Abmahnkosten in Höhe von 773,25 € gekommen ist, vermag daher nicht zu überzeugen. Im Ansatz zutreffend erscheint vielmehr die Berechnung unter Berücksichtigung des konkreten Bearbeitungsaufwandes und der konkreten Kosten, wie sie vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 14. November 2008 (Bl. 234, 237 ff. d.A.) unterbreitet worden ist. Insoweit hat der Kläger unterschieden zwischen den Vorarbeiten, die mit einem Hinweis aus dem Buchhandelsbereich auf einen Preisbindungsfall beginnen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung S. 4 ff. im Schriftsatz vom 14. November 2008 (Bl. 237 ff. d.A.) Bezug genommen. Nach den Recherchetätigkeiten, für die der Kläger insgesamt 30 Minuten veranschlagt, folgt der Bestellvorgang für den Testkauf und das Anlegen einer Akte. Insgesamt legt der Kläger für die effektive Recherchetätigkeit zum Anlegen der Akten einen Zeitaufwand von 61 Minuten zugrunde. Sodann veranschlagt der Kläger für weitere Ermittlungen nach Eingang des Testsobjektes sowie die Formulierung des Abmahnschreibens, rechtliche Überprüfungen, Studium der Rechtsliteratur, Informationsbeschaffung etc. weitere 151 Minuten und geht insgesamt von einem Zeitaufwand von 2,5 Anwaltsstunden aus.

Abweichend hiervon hat der Beklagte für den Bearbeitungsaufwand ab Bestellung des Testbuches lediglich 19 Minuten für erforderlich gehalten. Seine diesbezüglichen Einwendungen erscheinen schlüssig. Die Bestellung eines Buches bei G kann von einem geübten Anwender in der Regel ohne Weiteres in wenigen Minuten erledigt werden, eine Ermittlung des Absenders erscheint nicht mehr erforderlich, weil dieser bei der Lieferung des Buches – unstreitig – angegeben wird und auch die Feststellung eines Verstoßes gegen das Buchpreisbindungsgesetz ist schon vor der Bestellung des Buches erfolgt, so dass weitere umfangreiche Arbeiten nach Eingang des Testexemplars nicht vorstellbar sind, sondern unmittelbar das Abmahnschreiben formuliert, fertiggestellt und abgesandt werden kann. Soweit der Beklagte davon ausgeht, dass die Individualisierung eines als Standardtext gespeicherten Abmahnschreibens höchstens 10 bis 15 Minuten dauert, ist der Kläger dem nicht mehr entgegen getreten, so dass der Senat den entsprechenden Zeitaufwand zugrunde zu legen hat und mithin zur Berechnung der Aufwandspauschale von einem Zeitaufwand von 60 Minuten ausgeht. Unstreitig ist die Berechnung des Stundensatzes für einen Rechtsanwalt mit 50,00 € und Sachkosten in entsprechender Höhe, so dass sich der Aufwand auf 100,00 € beläuft.

Hinzu kommen Bearbeitungsaufwand und Kosten des Sekretariats. Hier geht der Kläger von Kosten für eine Sekretariatsstunde in Höhe von 28,96 € aus, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Der Beklagte rügt jedoch zu Recht, dass der bis zur Abmahnung anfallende Arbeitsaufwand des Sekretariats mit 2,5 Arbeitsstunden nicht nachvollziehbar dargelegt ist. Nach der Darstellung des Klägers ist das Sekretariat bis zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen mit dem Anlegen einer neuen Akte und der Anfertigung eines Abmahnschreibens sowie der Überweisung der Testkaufkosten befasst. Den dafür erforderlichen Zeitaufwand schätzt der Senat mit nicht mehr als einer Stunde. Hinzu kommt ein entsprechender Sachkostenanteil von ebenfalls 28.96 €, mithin 57,92 € insgesamt an Bearbeitungsaufwand und Kosten des Sekretariats.

Der Senat rundet die so geschätzten Kosten auf 175,00 € netto auf, um damit etwaigen Besonderheiten im Einzelfall, die zu einer aufwendigeren Bearbeitung führen könnten, ebenfalls Rechnung zu tragen.

Die Pauschale von 175,00 € netto für die Abmahnung von Buchpreisbindungsverstößen erscheint auch unter Berücksichtigung des Umstandes angemessen, dass etwa die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs derzeit für ihre Abmahntätigkeit eine Aufwandspauschale in etwa dieser Größenordnung erhält (Hefermehl/Köhler/Bonkam a.a.O.. § 12 Rdn. 1.98). Es spricht nichts dafür, dass die in § 9 Abs. 3 BuchprG genannten Anspruchsberechtigten eine höhere Aufwandspauschale beanspruchen können sollen, als die im Wettbewerbsrecht tätigen Verbände.

Zuzüglich der zum Zeitpunkt der Rechnungstellung geltenden Mehrwertsteuersatzes in Höhe von 16 % kann der Kläger somit Erstattung seiner Aufwendungen in Höhe von insgesamt 203 € verlangen.

Die weitergehende Klageforderung war mit der sich aus § 92 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 ZPO). Die Sache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung, noch weicht der Senat von der Entscheidung eines anderen Obergerichts oder des BGH ab.

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