Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. VI ZR 338/21) hat die Bedeutung des Persönlichkeitsrecht prominenter Personen erneut unterstrichen. In dem Fall ging es um einen ehemaligen Formel-1-Fahrer, der bei einem schweren Skiunfall Ende 2013 verunglückte und seitdem nicht mehr öffentlich auftrat. Die Beklagte, ein Online-Plattformbetreiber, veröffentlichte Ende November 2018 zwei Beiträge, in welchen unter anderem der volle Name des Klägers genannt wurde. Die Artikel enthielten Aussagen eines Bischofs der katholischen Kirche über ein Treffen mit dem Kläger.
Die streitigen Artikel
Der Kläger wandte sich insbesondere gegen folgende, hier nur sinngemäß wiedergegebene Äußerungen in den Berichten:
- Ein Therapeut habe ihn ins Wohnzimmer gebracht
- Der Bischof begrüßte ihn und hielt seine warmen Hände
- Zum Abschied hat der Bischof seine Hände gehalten und das Kreuzsymbol nachgezeichnet.
- Der Bischof saß ihm gegenüber, sah ihn an und hat ihn so gesehen, wie man ihn kennt – er sei nur ein wenig fülliger geworden.
Gegen diese Berichterstattung der Beklagten wehrte sich der Kläger.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, diese Aussagen zu unterlassen und nicht weiter zu verbreiten.
Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils ab.
Daraufhin legte der Kläger Revision zum Bundesgerichtshof ein und forderte die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH entschied im Wesentlichen zugunsten des Klägers und hob das klageabweisende Berufungsurteil hinsichtlich wesentlicher streitgegenständlicher Textpassagen auf.
Die Aussage in den Beiträgen beeinträchtigten das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in der Ausprägung als Recht auf Achtung der Privatsphäre. Die Äußerungen beträfen detaillierte Auskünfte über den Gesundheitszustand des Klägers und erweckten außerdem den Eindruck, dass die Informationen zum Erscheinungsdatum 2018 aktuell wären, obwohl das Treffen bereits im Jahre 2016 stattgefunden hatte.
Der BGH betonte, dass die Schutzinteressen des Klägers gegenüber dem Recht der freien Meinungsäußerung, bzw. Pressefreiheit der Beklagten in Bezug auf bestimmte Textpassagen überwögen, da durch diese Erkenntnisse über den körperlichen Zustand des Klägers gewonnen werden könnten, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Darin sah das Gericht einen rechtswidrigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Klägers. Den Vorwurf, dass der Kläger sich widersprüchlich verhalten habe, weil er nicht gegen sämtliche Publikationen der fraglichen Äußerung vorging, sahen die obersten Zivilrichter nicht.
Das Gericht stellte klar, dass der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme hierdurch nicht entfallen sei. Eine s.g. “Selbstöffnung” durch den Kläger läge in diesem Fall nicht vor.
Auswirkungen des Urteils
Das Urteil des BGH stärkt den Schutz des Privatlebens prominenter Persönlichkeiten vor Medienberichterstattung und zeigt, dass auch im Falle von Prominenten das Persönlichkeitsrecht nicht gleichsam “automatisch” eingeschränkt wird, nur weil ein grundsätzlich größeres öffentliches Interesse besteht. Das Gericht stellte klar, dass Betroffene grundsätzlich frei entscheiden können, gegen welche Veröffentlichungen sie vorgehen möchten, ohne ihre Rechte zu verlieren. Dies gilt umso mehr, je mehr ein Betroffener durch sein vergangenes Verhalten zum Ausdruck bringt, welche privaten Informationen und er im Prinzip mit der Öffentlichkeit zu teilen bereit ist – und welche nicht.
Wenn Sie Hilfe oder Unterstützung in persönlichkeitsrechtlichen oder medienrechtlichen Fragen benötigen, schreiben Sie uns gern.