Seit dem 12.07.2020 gilt die neue “P2B-Verordnung” der Europäischen Union. Die Verordnung (EU) Nr. 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten zielt u.a. auf Suchmaschinen, Handelsplattformen und Preisvergleichsportale und soll für Online-Händler – wie der Name bereits sagt – mehr Transparenz und Fairness bei der Platzierung von Angeboten schaffen. “P2B” steht dabei für “Platform to Business”. Lesen Sie alle wichtigen und relevanten Informationen in meiner Zusammenfassung.
P2B-Verordnung – Ziele und Hintergründe
Welcher Online-Händler kennt es nicht: Plötzlich – häufig scheinbar ohne erkennbaren Grund – ist das Amazon-Konto gesperrt, die Angebote offline und nicht mehr auffindbar. Der Begleit-E-Mail, die in den allermeisten Fällen automatisch an den Händler versendet wird, ist meist nur zu entnehmen, dass ein “Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen” oder ein ähnlich kryptisch gehaltener Grund für die Einschränkungen gegeben sei. Zum Ärgernis der Plattformhändler wird meist auch noch das jeweilige Guthaben “eingefroren” – oft für mehrere Wochen. Ähnlich undurchsichtig geht es häufig beim Ranking gewisser Angebote zu. So fragen sich viele Online-Händler seit langem, warum etwa die Produkte des Konkurrenten scheinbar ständig “weit vorn” auftauchen, wohingegen die eigenen erst “unter ferner liefen” aufzufinden sind.
Diesen – und anderen – Problemen hat sich die Europäische Kommission nunmehr mit der P2B-Verordnung versucht, anzunehmen. Mit ihr soll verhindert werden, dass Geschäftsmodelle und Angebote von Online-Händlern etwa willkürlich blockiert oder einseitig beeinflusst, bzw. Unternehmer und Verbraucher in irgendeiner Weise benachteiligt werden.
Die Verordnung verpflichtet daher bestimmte Anbieter (s.u.) von Plattformen im Internet zu Transparenz und Fairness bei der konkreten Ausrichtung der jeweiligen Angebote, um Diskrepanzen und Ungleichgewichte bei der Marktmarkt auszugleichen und auf diese Weise das Schutzniveau – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen – zu erhöhen.
Wen verpflichtet die P2B-Verordnung?
Die Verpflichteten der P2B-Verordnung sind zunächst einmal allgemein “Online-Vermittlungsdienste”. Dies bedeutet konkret:
- Online-Suchmaschinen
- gewerbliche Marktplatz-Plattformen, auch für kollaborative Geschäftsformen
- gewerbliche Dienste Sozialer Netzwerke
- Preisvergleichsportale
- Online-Buchungsportale
- Online-Softwareshops (App-Stores)
- Online-Sprachassistenten
Nicht erfasst sind beispielsweise Online-Zahlungsdienstleister oder rein geschäftliche Plattformen ohne Verbraucherbeteiligung. Auch Online-Werbeinstrumente fallen nicht unter den Anwendungsbereich der Verordnung. In räumlicher Hinsicht sind lediglich Anbieter erfasst, die ihre Plattformen Unternehmern mit Sitz in der Europäischen Union zur Verfügung stellen, bzw. Verbraucher ansprechen, die innerhalb der EU niedergelassen sind.
Was schreibt die P2B-Verordnung konkret vor?
Die wichtigsten Vorschriften der neuen P2B-Verordnung sind im Folgenden kurz skizziert.
Hinsichtlich des Rankings und der Darstellung der unterschiedlichen Anbieter, bzw. Angebote müssen Plattformbetreiber in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen diejenigen Parameter beschreiben, die dem Ranking zugrunde liegen sowie die Gründe transparent angeben, die für die relative Gewichtung bestimmter Parameter gegenüber anderen verantwortlich sind. Insbesondere ist deutlich zu machen, welche Parameter die entscheidenden sind und ob, bzw. wenn ja, wie der Nutzer das Ranking beeinflussen kann.
Darüber hinaus haben Online-Vermittlungsdienste künftig klar und deutlich anzugeben, unter welchen Umständen und wie die Plattform-Nutzung ausgesetzt, gesperrt, beendet oder in sonstiger Weise eingeschränkt werden kann. Fortan dürfen Verkäuferkonten nur noch dann gesperrt werden, wenn der Betroffene die Sperrung anhand der vorherigen Angaben – etwa in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen – transparent nachvollziehen kann. Im Fall irgendeiner Sicherheits- oder Strafmaßnahme gegenüber einem Verkäufer ist dieser über die genauen Gründe zu informieren. Ihm ist darüber hinaus ein plattforminternes Beschwerdeverfahren an die Hand zu geben.
Für den Fall, dass ein Plattformbetreiber beabsichtigt, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu ändern, so sind das Verfahren und die Fristen dafür bereits zuvor in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen transparent zu machen.
Schließlich müssen Plattformen ein transparentes Beschwerdemanagement integrieren und dafür beispielsweise entsprechende Mediatoren benennen.
Sind Sanktionen vorgesehen?
Obwohl die P2B-Verordnung als Europäisches Primärrecht direkt in den Mitgliedsstaaten gilt und keiner weiteren Umsetzungsakte der EU-Partner bedarf, sieht sie keine direkten Strafen oder Sanktionsmechanismen bei Verstößen vor. Dies hat der europäische Gesetzgeber den Mitgliedsstaaten überlassen. In Deutschland werden die Pflichten der P2B-Verordnung vermutlich im Rahmen des Privatrechts, insbesondere des Wettbewerbsrechts durchgesetzt.
Aus meiner Sicht handelt es sich bei der P2B-Verordnung um einen vermutlich untauglichen Versuch, Online-Händlern künftig das Leben leichter zu machen. Inwieweit die sanktionslosen und sehr allgemein gehaltenen Vorgaben dies tatsächlich leisten können, wird die Praxis erst noch zeigen müssen.
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