Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Belastung für Unternehmer durch erhöhte Bürokratie und Sorgfaltspflicht

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das ab Januar 2023 in Deutschland in Kraft tritt, wird vom Gesetzgeber als wichtiger Schritt in der Gesetzgebung betrachtet, die Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz in ihren Lieferketten verantwortlich macht. Tatsächlich dürfte das Vorhaben aber lediglich eine weitere zusätzliche Belastung deutscher Unternehmen sein, die ihr Ziel verfehlen wird. Unternehmer werden erneut für eine politische Agenda in Haftung genommen, was vor allem auch ordnungspolitisch eine zweifelhafte Entwicklung darstellen dürfte.

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Anmeldepflicht beim Transparenzregister

Transparenzregister, Anmeldepflicht beim Transparenzregister

Juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften müssen die in § 19 Absatz 1 GwG aufgeführten Angaben ihrer wirtschaftlich Berechtigten,

  • sofern es sich um eine Aktiengesellschaft (AG), Europäische Aktiengesellschaft (SE), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) handelt bis zum 31. März 2022,
  • sofern es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Genossenschaft (eG), Europäische Genossenschaft oder Partnerschaft handelt bis zum 30. Juni 2022,
  • in allen anderen Fällen bis spätestens zum 31. Dezember 2022

der registerführenden Stelle zur Eintragung in das Transparenzregister mitteilen. Die bisher geltende Ausnahme für Gesellschaften, die bereits im Handelsregister eingetragen sind, ist entfallen.

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TTDSG bringt neue Datenschutzpflichten

TTDSG

Deutschland ist um ein weiteres Datenschutzgesetz reicher – denn am 01.12.2021 ist das neue Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) in Kraft getreten. Es tritt neben die bereits umfangreichen Regelungen der DSGVO, des Bundesdatenschutzgesetzes und der Landesdatenschutzgesetze und richtet sich in erster Linie an die Anbieter von Telekommunikations- und Telemediendiensten. Zu diesem Zweck werden die bisherigen speziellen Datenschutzvorschriften aus dem Telemediengesetz (TMG) und dem Telekommunikationsgesetz (TKG) im TTDSG gebündelt, zusammengefasst und ergänzt. Deutschland setzt damit die EU-Vorgaben der s.g. „e-Privacy-Richtlinie“ um, die eigentlich bereits mit Inkrafttreten der DSGVO von einer „e-Privacy-Verordnung“ hätte abgelöst werden sollen. Lesen Sie hier alles zum Anwendungsbereich des neuen TTDSG sowie zu den neuen Pflichten, die vor allen Dingen Webseitenanbieter bei der Verwendung von Cookies und anderen Web-Technologien treffen.

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Consent-App “Cookiebot” datenschutzwidrig?

Cookiebot

Seit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 01.10.2019, Az. C-673/17) und des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28.05.2020, Az. I ZR 7/16) zum Erfordernis einer im Einklang mit der DSGVO stehenden datenschutzrechtlichen Einwilligung bei der Verwendung von „nicht zwingend erforderlichen“ Cookies auf Webseiten bedienen sich viele Webseitenbetreiber kleiner Hilfsprogramme (s.g. Plugins), um das Cookie-Management rechtssicher zu gestalten. Einer dieser – bei Nutzern beliebte – Anbieter ist „Cookiebot“ des Dänischen Unternehmens Cybot A/S, u.a. weil der Dienst in der Grundkonfiguration kostenfrei ist. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden (Beschluss vom 01.12.2021, Az. 6 L 738/21.WI) kommt nun zu dem Ergebnis, dass „Cookiebot“ gegen das Datenschutzrecht verstoße. Lesen Sie alles zur aktuellen Entscheidung und zum Hintergrund hier.

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Neues Kaufrecht ab 2022

Neues Kaufrecht

Zum Jahreswechsel tritt in Deutschland nach knapp 20 Jahren ein neues Kaufrecht in Kraft, mit dem die bisherigen Regelungen “fit gemacht” werden sollen für die Neuerungen und Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Reichlich spät zwar, aber immerhin. Die bisher geltende – und dem deutschen Kaufrecht zugrundeliegende – Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der Europäischen Union wird in diesem Zusammenhang durch die neue Warenkaufrichtlinie (Richtlinie EU 2019/771 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs) abgelöst. Die Neuregelungen haben hauptsächlich Auswirkungen auf Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, aber auch Käufe im B2B-Bereich und zwischen Verbrauchern untereinander sind teilweise betroffen. So wird beispielsweise ein neuer Begriff des Sachmangels eingeführt; für digitale Produkte gibt es künftig umfangreiche Kodifizierungen. Unternehmer, insbesondere Online-Händler, werden vor dem Jahreswechsel Rechtstexte und ggf. die Bestellabwicklung anpassen müssen. Lesen Sie hier alles Wesentliche zum Themenkomplex “Neues Kaufrecht 2022”. 

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Umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen

Der Deutsche Bundestag hat am vergangenen Donnerstag, dem 20.05.2021, mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der AfD, FDP und Linksfraktion bei Enthaltung der Grünen das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts beschlossen. Damit ist der Weg für die seit Jahren kontrovers diskutierte Urheberrechtsreform frei. Mit dem Gesetz setzt die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt in nationales Recht um. Mit der vielfach kritisierten Reform haften u.a. Plattformbetreiber (“Diensteanbieter”) ab August 2021 für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer und werden deshalb vermutlich s.g. “Upload-Filter” einsetzen. Lesen Sie das Wichtigste zur Urheberrechtsreform hier.

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Corona-Hilfen – Überblick und Fristen

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Bund und Länder haben zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zahlreiche Hilfsprogramme aufgelegt. Damit Sie den Überblick im Hilfsgelder-Dschungel behalten, haben wir für Sie die wichtigsten Corona-Hilfen, deren Voraussetzungen und Fristen für die Beantragung hier zusammengefasst.

Corona-Hilfen im Überblick

Überbrückungshilfe II

Höhe

  • bis zu 50.000,00 EUR / Monat

Voraussetzungen

  • für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen
  • Umsatzrückgänge zwischen April 2020 und August 2020
  • Umsatzeinbruch von mindestens 30% zwischen September 2020 und Dezember 2020

Fristen

  • Frist für Anträge: 31. März 2021
  • Frist für Änderungsanträge: 31. Mai 2021
  • Frist für Korrektur der Kontoverbindung: 30. Juni 2021

Überbrückungshilfe III

Höhe

  • bis zu 1.500.000,00 EUR / Monat, für Verbundunternehmen bis 3.000.000,00 EUR / Monat

Voraussetzungen

  • für Unternehmen mit bis zu 750.000.000,00 EUR Jahresumsatz
  • Umsatzeinbruch von mindestens 30% seit November 2020 
  • Umsatzrückgänge zwischen November 2020 und Juni 2021

Einschränkungen

  • Unternehmen, die November-, bzw. Dezemberhilfe erhalten, können für diese Monate keine Überbrückungshilfe III erhalten
  • Überbrückungshilfe II wird angerechnet

Fristen

  • Frist für Anträge: 31. August 2021

Novemberhilfe und Dezemberhilfe

Höhe

  • bis zu 75% des Umsatzes in November 2019, bzw. Dezember 2019

Voraussetzungen

  • für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen
  • Unternehmen müssen direkt oder indirekt von den Schließungen seit 02.11.2020 betroffen sein
  • Umsatzrückgänge zwischen April 2020 und August 2020

Einschränkungen

  • Unternehmen, die im Dezember 2020 schließen mussten (Friseure, Einzelhandel), sind bislang ausgenommen
  • Erstantrag kann nur von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Buchprüfern oder Rechtsanwälten gestellt werden
  • Soloselbstständige können den Erstantrag bis zu 5.000,00 EUR mit einem Elster-Zertifikat selbst stellen

Fristen

  • Frist für Anträge: 31. April 2021
  • Frist für Änderungsanträge: 30.06.2021

Neustarthilfe

Höhe

  • bis zu 7.500,00 EUR einmalig als Betriebskostenpauschale

Voraussetzungen

  • für Soloselbstständige
  • 25% des Jahresumsatzes 2019

Förderzeitraum

  • Januar 2021 bis Juni 2021

Fristen

  • Frist für Anträge: 31. August 2021

Hoffnung für alle Einzelhändler auf Novemberhilfe und Dezemberhilfe

Novemberhilfe und Dezemberhilfe

Die meisten Einzelhändler sind bislang von den November- und Dezemberhilfen ausgeschlossen, weil sie von der ersten Schließungsanordnung nicht betrofffen waren. Sie werden bisher auf die Überbrückungshilfen verwiesen. Diese Regelung dürfte rechtswidrig sein, weil sie ohne sachlichen Grund bestimmte Branchen bevorzugt. Daher sind wir der Auffassung, dass gute Aussichten darauf bestehen, dass alle betroffenen Einzelhändler die Novemberhilfen und Dezemberhilfen einklagen können. Sprechen sie uns hierzu gerne an.

Im Rahmen der Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der mit der Corona-Pandemie (Pandemie des neuartigen SARS-CoV-2-Virus) einhergehenden Schließungsverfügungen für weite Teile der Wirtschaft haben Bund und Länder staatliche Hilfsprogramme in bisher ungekannten Größenordnungen aufgelegt. Dies sind neben der s.g. Überbrückungshilfe vor allen Dingen die Novemberhilfe und Dezemberhilfe. Der Einzelhandel hat darauf jedoch bislang keinen Anspruch. Unser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, ob Einzelhändler die Novemberhilfe und Dezemberhilfe – notfalls gerichtlich – beanspruchen können, obwohl sie nicht schon vom “Wellenbrecher-Lockdown” ab dem 02.11.2020 betroffen waren, sondern vielmehr “erst” am 16.12.2020 schließen mussten.

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Gesetzesentwurf gegen Abmahnmissbrauch vorgestellt

Abmahnung, Abmahnmissbrauch

Abmahnungen sind und bleiben ein dauerhaft stark diskutiertes Thema. Vom Filesharing, über E-Mail-Spam bis zum Wettbewerbsrecht. Während der Erhalt einer Abmahnung für den Betroffenen häufig ein Ärgernis ist, sehen die Anspruchsberechtigten darin ein probates Mittel, urheberrechtliche, persönlichkeitsrechtliche oder wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche außergerichtlich durchzusetzen. Dies hatte auch der Gesetzgeber erkannt – auch und gerade vor dem Hintergrund der Entlastung der Justiz. Es gibt jedoch immer wieder Fälle, in denen Mitbewerber wie Anwaltskanzleien gleichermaßen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen in großer Zahl aussprechen – nicht um den lauteren Wettbewerb durchzusetzen, sondern um Anwaltskosten und Vertragsstrafen zu generieren. Diesem Abmahnmissbrauch soll nun mit einem neuen Gesetz Einhalt geboten werden. 

Abmahnmissbrauch soll eingeschränkt werden

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat nun dem Bundestag den „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ vorgelegt, mit dem vermeintlicher Abmahnmissbrauch zukünftig verhindert werden soll. In der Süddeutschen Zeitung sagte Barley, sie wolle „endlich einen Schlussstrich unter das grassierende Abmahnungswesen ziehen“. Das neue Gesetzt soll einerseits den finanziellen Anreiz verringern und auf der anderen Seite die Rechte der Abgemahnten stärken. Der von Katarina Barley vorgestellte Gesetzesentwurf sieht vor, die Hürden für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen möglichst hoch zu setzen.

Unter anderem sieht der Entwurf die Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstandes“ im Wettbewerbsrecht vor. §  14 Abs. 2 UWG sieht bisher ähnlich wie § 32 ZPO vor, dass bei Wettbewerbsverletzungen das Gericht zuständig ist, in dem der Wettbewerbsverstoß begangen wurde. Wenn die Verletzungshandlung allerdings im Internet begangen wird (z.B. innerhalb eines Angebots bei eBay), tritt der s.g. “Verletzungserfolg” im gesamten Anwendungsbereich des UWG – also im gesamten Bundesgebiet ein. Schließlich kann man sich auch im ganzen Bundesgebiet in das Internet einwählen. Im Ergebnis führt diese Regelung dazu, dass der Abmahnende sich das Gericht “heraussuchen” kann, das in ähnlich gelagerten Fällen bereits im Sinne des Anspruchsstellers entschieden hat.

Darüber hinaus sollen auch nur noch solche Mitbewerber klagebefugt sein, die “in nicht unerheblichen Maße ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen”. Bei unerheblichen Verstößen soll die Vertragsstrafe bei 1.000 EUR gedeckelt werden. Der Entwurf schätzt zehn Prozent aller Abmahnungen als missbräuchlich ein und will diese um 50% reduzieren.

Höhere Hürden für Abmahnvereine

Der Gesetzesentwurf sieht auch höhere Anforderungen an die Klagebefugnis von s.g. Abmahnvereinen vor – also Wirtschaftsverbände und Wettbewerbsvereine, denen das UWG eine eigene Klagebefugnis einräumt. Das Bundesjustizministerium beabsichtigt, einen neuen § 8a UWG einzuführen, der vorsieht, dass solche Verbände zukünftig in einer “qualifizierten Liste” eingetragen sein müssen, um wettbewerbsrechtlich aktiv werden zu können. Eintragen werden soll ein Verband nur, wenn

  1. er als Mitglieder mindestens 50 Unternehmer hat, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, oder mindestens fünf Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind,
  2. er zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen ist,
  3. aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er
    a) seine satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und
    b) seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
  4. den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen begünstigt werden.

Deutscher Anwaltsverein sieht den Entwurf kritisch

Der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins, Schellenberg, schätzt die Sachlage anders ein und spart nicht mit Kritik am Gesetzesentwurf gegen Abmahnmissbrauch. So gebe es für die genannten zehn Prozent missbräuchliche Abmahnungen keinerlei Statistiken oder Belege. Außerdem verweist er auf die gesetzlichen Grundlagen, die Abmahnungen erst möglich machen. Der Gesetzgeber hatte die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts ganz bewusst in die Hände der Mitbewerber gelegt und dazu das Instrument der Abmahnung eingeführt. Damit hatte er sich mit guten Gründen gegen die Errichtung einer Behörde – wie etwa im Kartellrecht – entschieden, die das Lauterkeitsrecht hoheitlich durchsetzt. Sollte das nunmehr anders gesehen werden, habe es der Gesetzgeber selbst in Hand.

Schließlich können sich zu Unrecht Abgemahnte auch über den Rechtsweg wehren – zum Beispiel mit dem Mittel der negativen Feststellungsklage. 

Den Gesetzesentwurf können Sie hier herunterladen. Wir werden Sie an dieser Stelle über den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens auf dem Laufenden halten.

Haben Sie eine Abmahnung erhalten oder wurden Ihre wettbewerbsrechtlichen Interessen verletzt? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!

Einbeziehung des bEM bei krankheitsbedingter Kündigung

Arbeitsunfähigkeit, betriebliches Eingliederungsmangement, krankheitsbedingte Kündigung

Arbeitgeber sind seit dem Jahr 2004 gem. § 167 Abs. 2 S.1 SGB IX dazu verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) anzubieten. Dies soll auf längere Zeit erkrankten Arbeitnehmern ein Instrument an die Hand geben, um deren Beschäftigungsfähigkeit und letztlich den Arbeitsplatz zu erhalten. Als langfristig erkrankt gelten Arbeitnehmer, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ohne Unterbrechung oder wiederholt arbeitsunfähig waren:

„Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement).“

§ 167 SGB Abs.2 S.1 IX

Mit Urteil vom 10.12.2009, Az. 2 AZR 400/08, stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) fest, dass ein nicht durchgeführtes bEM im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung negative Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers hat. Das bEM wird im Allgemeinen als das mildere Mittel im Vergleich zur Kündigung angesehen. Kündigt der Arbeitgeber gleichwohl ohne ein solches Eingliederungsmanagement durchgeführt zu haben, so muss er darlegen, warum denkbare Alternativen keine Aussicht auf Erfolg hätten.

Entscheidet sich der Arbeitgeber für ein betriebliches Eingliederungsmanagement, so muss dieses einerseits korrekt durchgeführt werden. Andererseits sind dessen Ergebnisse, soweit für den Arbeitgeber zumutbar, umzusetzen.

Kündigung nach Durchführung eines bEM

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat nunmehr einen Fall entschieden, in dem die diesbezüglichen Bemühungen eines Arbeitgebers unzureichend waren (LAG SH, Urteil vom 11.04.2018, Az. 6 Sa 361/17).

Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte, eine Betreibergesellschaft eines Verbrauchermarktes, kündigte der Klägerin, einer dort seit Oktober 2008 angestellten Kassiererin, krankheitsbedingt. Im Zeitraum von 2013 bis 2016 war die Klägerin mehrfach für längere Zeiträume arbeitsunfähig: 102 Tage im Jahre 2013, 180 Tage im Jahre 2014, weitere 57 Tage im Folgejahr und schließlich 98 Tage im Jahre 2016.

Aufgrund dieser Ausfallzeiten führte die Beklagte in den Jahren 2014, 2015 und 2016 jeweils bEM-Verfahren durch. Im Abschlussbericht von 2015 empfahl man eine Versetzung der Klägerin an die Information, bzw. eine Wechseltätigkeit zwischen Kasse und Information. Die Beklagte bezweifelte jedoch die Qualifikation der Klägerin für den Informationsbereich.

Schließlich wurde der Klägerin nach Anhörung des Betriebsrates fristgerecht zum 28.02.2017 gekündigt.

In ihrer dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage erklärt die Klägerin, dass sämtliche Krankheiten ausgeheilt seien. Trotz der häufigen, bei der Arbeit im Kassenbereich in der Natur der Sache liegenden Erkältungserkrankungen könne keine negative Gesundheitsprognose gestellt werden.

Die Beklagte führt hingegen aus, dass insbesondere wegen der wiederholten Nebenhöhlenentzündungen von einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen sei.

Entscheidung des LAG

Das LAG sah in diesem Fall ebenfalls eine negative Gesundheitsprognose, da die Klägerin über mehrere Jahre deutlich länger als sechs Wochen krank war. Häufige Erkrankungen eines bestimmten Typs deuten auf eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit hin.

Dies könne allerdings im vorliegenden Fall dahinstehen, da die Durchführung der bEM ergeben habe, dass eine mildere Option als die Kündigung zur Verfügung gestanden habe. Den empfohlenen Wechsel zur Information hatte zwar die Beklagte ausgeschlossen, die vorgetragene mangelnde Qualifikation konnte aber nicht bewiesen werden, da die Klägerin zuvor schon eineinhalb Jahre im Wechsel zwischen Kasse und Information gearbeitet hatte und während dieser Zeit keine erwähnenswerten Arbeitsunfähigkeiten vorgelegen haben.

Sind Sie Arbeitnehmer oder Arbeitgeber und haben Fragen zum Arbeitsrecht? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!