Boykottaufruf gegen Karlsquell!

Ich bin noch immer ganz aufgeregt. Heute erreichte mich eine E-mail mit einem Protestaufruf. In Halle sei die Eröffnung eines Thor-Steinar-Ladens geplant.

Die Initiative Zivilcourage, die Böll-Stiftung, Verdi, DGB und zwei Anwohner rufen zum Protest gegen den Laden auf. Sie wollen keine Naziläden in Halle. Thor Steinar sei eine von Rechtsextremen bevorzugte Kleidermarke und verherrliche deutsche Kolonialisierung, nordische Mythologie, Gewalt, den Zweiten Weltkrieg und die nationalsozialistische Herrschaft.

Ganz schön inhaltsschwer, so eine Kleidermarke, denke ich mir. Aber wenn sogar Verdi das sagt, dann wird’s wohl schon stimmen.

Als ich später beim einkaufen bin, sehe ich zwei kurzhaarige Kerle auf einer Bank beim Aldiparkplatz. Thor-Steinar-Klamotten haben sie nicht an, eher so’n KIK-Zeugs  – glaub’ ich – ob’s dann überhaupt richtige Nazis sind? Bestimmt! So wie die aussehen.

Weiter fällt mir sofort auf, dass beide mit mindestens einer Dose Bier bewaffnet sind. Nazi-Bier – das ist mir sofort klar. Von Karlsquell. Aha. Karl der Große … das war doch auch so einer. Und das sind nicht die ersten Glatzen mit so einer Dose Aldi-Bier. Es haben bestimmt mehr Nazis Karlsquell zu Hause, als die teuren Thor-Steinar Klamotten.

Sowas kann doch nicht geduldet werden. Von Demokraten! Da muss man doch was tun. Zivilcourage zeigen. Wenn wir den Nazis ihre Klamotten wegnehmen und ihr Bier, dann werden die schon zur Besinnung kommen!
Deshalb rufe ich hiermit alle guten Menschen auf, vor ihrem örtlichen Aldi gegen den Verkauf von Karlsquell zu demonstrieren. Unter dem Motto: “Augen auf beim Bierkauf!”

Du bist Terrorist

Der Deutsche Anwaltverein hat auf seinem Anwaltstag am 21.05.09 durch Präsidiumsmitglied Hartmut Kilger die Bedeutung der Grundrechte hervorgehoben. Die Verfassung sei die Basis für die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. Der Kern der Grundrechte dürfe nicht angetastet werden. Sicherheit könne es ohne Freiheit und Recht nicht geben.

Ein schönes pointiertes Video von Alexander Lehmann zum Thema habe ich kürzlich auf http://www.dubistterrorist.de gefunden.

Stadt-Umland-Verbandsgesetz verfassungswidrig

Das Landesverfassungsgericht von Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 22.10.2008 den § 6 Abs. 3 des Gesetzes zur Bildung von Stadt-Umland-Verbänden Halle (Saale) und Magdeburg (Stadt-Umland-Verbandsgesetz) für verfassungswidrig erklärt.

Nach § 2 Abs. 1 KomNeuglGrG sollen die in der Anlage zu § 2 Abs. 1 benannten Gemeinden einen Zweckverband bilden. Diesem ist nach Satz 2 die vorbereitende Bauleitplanung (Flächennutzungsplan) zu übertragen. Nach § 2 Abs. 3 KomNeuglGrG können die betroffenen Gemeinden zu einem solchen Zweckverband zusammengeschlossen werden, wenn sie sich nicht bis zum 30. 6. 2006 freiwillig zu einem Zweckverband zusammenschließen.

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Inkassogeschäfte

Gerade bei Massengeschäften sind Unternehmen bemüht, Kosten, die mit der Vertragsdurchführung zusammenhängen zu minimieren. Dies meist zu Lasten des Verbrauchers. Häufig werden völlig überhöhte Mahngebühren oder Gebühren für Rücklastschriften erhoben, die offenbar von vielen Kunden bereitwillig gezahlt werden. Offenbar sollen die Kunden mit hohen Mahnkosten zur rechtzeitigen Zahlung angehalten werden, was mit der Ratio des Gesetzes jedoch nicht vereinbar ist. Dabei sehen die Gerichte Mahnkosten von maximal 2,50 EUR als gerade noch zulässig an.

vgl. OLG Düsseldorf WM 1985, 17 (18) = MDR 1985, 321; OLG Köln WM 1987, 1548 (1550) = NJW-RR 1988, 174; OLG Karlsruhe ZIP 1985, 603 (607); OLG Frankfurt WM 1985, 938; OLG Hamm NJW-RR 1992, 242; BGH NJW 1985, 320 (324); BGH NJW-RR 2000, 719 (720).

(Das gilt allerdings häufig nicht bei Forderungen öffentlicher Einrichtungen, denn hier sind die Höhe der Mahngebühren oder Säumniszuschläge teilweise durch hoheitliche Satzung oder Verordnung festgelegt). Bei Rücklastschriften dagegen dürften m.E. nur 3,00 EUR ersatzfähig sein, was in der Höhe der Vereinbarung durch das Lastschriftabkommen zwischen den Banken entspricht.

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Künstlersozialabgabe für alle

Die Künstlersozialversicherung ist im Allgemeinen nur wenig bekannt. Ende 2008 erhielten etwa 160.000 selbständige Künstler und Publizisten einen vollwertigen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Etwa die Hälfte der Versicherten sind bildende Künstler, die übrigen Schauspieler, Musiker oder Journalisten. Die Versicherungsbeiträge werden dabei zur Hälfte von den Versicherten selbst, und zur anderen Hälfte von den Verwertern über die Künstlersozialabgabe und einen Bundeszuschuss getragen. Die Künstlersozialkasse bildet für viele Künstler die einzige Form der sozialen Absicherung und soll vor allem auch der “kreativen Klasse” abseits reiner Wirtschaftsinteressen zu Gute kommen.

Für Aufsehen sorgte jüngst die Entscheidung des Sozialgerichts Köln, nachdem der Sender von “Deutschland sucht den Superstar” für die Jurorentätigkeit von Dieter Bohlen (für die er rund 4 Mio. Euro kassierte) in die Kasse einzahlen sollte. Die Mitwirkung der Juroren an den Sendungen sei eine künstlerische Leistung gewesen und daher abgabepflichtig.

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LG Hamburg untersagt die Nutzung von “BörseVZ”

Kennzeichenrechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Internet, insbesondere bei der Nutzung von Domain-Namen, sind an der Tagesordnung. Konflikte ergeben sich dabei häufig, wenn Dritte die Bekanntheit eines anderen für eigene Wettbewerbsvorteile zu nutzen versuchen.

So sorgte die studiVZ Ltd. in letzter Zeit für Aufsehen, indem sie gegen zahlreiche Betreiber von Internetangeboten mit dem Domainbestandteil “VZ” vorging. Dies betraf beispielsweise “fussballerVZ”, “PokerVZ”, “BewerberVZ”, “RotlichtVZ”, “MatheVZ”, “tunivz”, oder “DogVZ”.

Das Landgericht Hamburg hat nun mit Urteil vom 02.10.2008 (Az. 312 O 464/08) einer GmbH aus Kulmbach die Nutzung von BörseVZ.de und anderer BörseVZ Top-Level-Domains untersagt. Der Betreiber von BörseVZ, bot unter den Domain-Namen ein “Informationsportal über Aktien und Depotzusammenstellungen” an. Das Gericht bestätigte mit seiner Entscheidung nun eine zuvor ergangene einstweilige Verfügung, der eine Abmahnung durch die studiVZ Ltd. vorausging. Daraufhin hatte der Betreiber versucht durch eine negative Feststellungsklage zu reagieren und so den Gerichtsstand von Hamburg nach Nürnberg zu verlegen.

Bei studiVZ handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um “rein beschreibende Bezeichnungen” im Sinne der §§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 23 Nr. 2 MarkenG. Die Zeichen hätten aufgrund der Kombination der Bezeichnung einer Personengruppe mit dem Bestandteil “VZ” eine ausreichende Kennzeichnungskraft. Bei der Zeichenfolge “VZ” handele es sich auch nicht um eine gebräuchliche Abkürzung für das Wort Verzeichnis. Es bestehe Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens, wofür auch die allgemeine Lebenserfahrung und der Umstand spreche, dass Zielgruppe beider Parteien Jugendliche und jungen Erwachsenen seien. Der studiVZ Ltd. stehe daher ein Unterlassungsanspruch gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG und § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG zu.

Das Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig und die unterlegene Partei hat in einer Pressemitteilung kämpferisch angekündigt, den Rechtsweg erschöpfen zu wollen.

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Ursula von der Leyen und die Kinderpornographie

Zu Recht sanktioniert das deutsche Strafrecht die Darstellung sexueller Handlungen von und an Kindern (§ 184b StGB). Die Darstellung und die Kommerzialisierung von Kinderpornographie ist, wegen des zwangsläufig vorangegangenen Missbrauchs von Kindern (§ 176 ff. StGB), widerwärtig, moralisch zu verurteilen und strafwürdig. Daran besteht kein Zweifel. Und doch gilt auch bei der Verfolgung solcher Straftaten, dass nicht alles, was möglich erscheint, sinnvoll und rechtmäßig ist. Der Rechtsstaat betrachtet auch schlimme Taten nüchtern und reagiert nicht hektisch mit dem Wunsch nach Vergeltung oder Verfolgung um jeden Preis.

Die politische Versuchung ist indes groß, das Thema populistisch aufzugreifen, indem radikale Lösungen propagiert werden. Eine breite öffentliche Zustimmung gilt als sicher. So hat sich kürzlich Bundesministerin Ursula von der Leyen mit der Forderung nach Internetzensur zu profilieren versucht. Nach Ansicht der Ministerin sei eine gesetzliche Verpflichtung der Access-Provider zum Sperren kinderpornographischer Webseiten unabdingbar.

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E-Mail Werbung durch Verdi

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entgegen der Vorinstanzen die Klage eines Unternehmens gegen die Gewerkschaft Verdi abgewiesen, mit welcher Verdi die Versendung von Werbe-E-Mails an die betrieblichen E-Mail-Adressen seiner Mitarbeiter untersagt werden sollte (Urteil vom 20.01.2009, Az. 1 AZR 515/08 ).

Nach Auffassung des Gerichts dürfe eine tarifzuständige Gewerkschaft sich über betriebliche E-Mail-Adressen an Arbeitnehmer wenden. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitgeber den Gebrauch der E-Mail-Adressen zu privaten Zwecken untersagt habe.

Die Werbung der Gewerkschaft per E-Mail werde durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt. Soweit dies Grundrechte des Arbeitgebers berührten, seien kollidierende Rechtspositionen gegeneinander abzuwägen. Das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht des Arbeitgebers und sein von Art. 2 Abs. 1 GG erfasstes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb habe gegenüber der gewerkschaftlichen Betätigungsfreiheit zurückzutreten, solange der E-Mail-Versand nicht zu nennenswerten Betriebsablaufstörungen oder spürbaren, der Gewerkschaft zuzurechnenden wirtschaftlichen Belastungen führten.

Auf Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer könne sich der Arbeitgeber im Rahmen eines deliktischen Unterlassungsanspruchs gegenüber der Gewerkschaft nicht berufen.

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5%-Klausel für Thüringer Kreistagswahlen nichtig

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit Urteil vom 11.04.2008 (Az. VerfGH 22/05) die die 5%-Sperrklausel nach § 22 Abs. 2 ThürKommWahlG auch bei analoger Anwendung auf die Wahlen zum Kreistag für nichtig erklärt. Die Regelung sei mit Art. 95 S. 1 der Verfassung des Freistaats unvereinbar und deshalb mit Wirkung für die nächsten Kommunalwahlen nichtig.

Das Verwaltungsgericht Weimar hatte die Frage dem Verfassungsgericht wegen einer Klage der ehemaligen FDP Landtagsabgeordneten und Rechtsanwältin Maria-Elisabeth Grosse zur Entscheidung vorgelegt. Hintergrund war die Wahl zum Stadtrat der Stadt Weimar 2004. FDP/WFU scheiterten damals mit 4,417 % kanpp an der 5%-Klausel. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren daraufhin ausgesetzt, um eine Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichthofs darüber einzuholen, ob die Vorschrift des § 22 Abs. 2 ThürKWG mit der Verfassung des Freistaates Thüringen vereinbar ist.

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Gesetzliche Regelung zu Deals im Strafprozess

Die Bundesregierung will, nach einem Bericht der FAZ, Absprachen in Strafverfahren gesetzlich regeln und damit damit die Möglichkeit ausweiten, Angeklagten bei der Strafzumessung entgegenzukommen, wenn sie im Gegenzug mit dem Gericht kooperierten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf habe das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet.

Gegenstand der sog. Deals soll nur das Strafmaß, nicht aber der Schuldspruch als solcher sein. Insbesondere in Wirtschaftsstrafsachen und Drogenprozessen hätten sich Deals bewährt, meint Bundesjustizministerin Zypries (SPD). Nach dem neuen § 257c StPO solle das Gericht Inhalte einer Vereinbarung bekanntgeben und genau Unter- und Obergrenzen der möglichen Strafzumessung erkennbar machen. Die Verhandlung dürfe dann nur während der  öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen. Der Richter müsse über mögliche weitere Gespräche berichten.

Der Entwurf sehe weiter vor, dass das Gericht auch von einer getroffenen Vereinbarung zurücktreten könne, wobei dann ein Geständnis in diesem Zusammanhang nicht weiter verwertbar sei.

Problematisch seien Deals im Strafverfahren dagegen nach Jörg van Essen (FDP), weil sie das Vertrauen in die Justiz schwächten. Das Strafmaß dürfe nicht in einem “Hinterzimmer zwischen Gericht, Verteidigung und Anklage ausgekungelt werden”. Andererseits seien Absprachen allgemein anerkannt, auch setze der Gesetzentwurf eine Forderung des Bundesgerichtshofes um. Dieser habe Absprachen für grundsätzlich zulässig erklärt und als verfahrensökonomisch unerlässlich angesehen.