Im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Halle (Az. 8 O 8/25) haben wir die Verfügungsbeklagte – eine Kfz-Werkstattbetreiberin und Gebrauchtwagenhändlerin aus Halle – erfolgreich gegen eine Abmahnung und einen Unterlassungsantrag des Rechtsanwalts Michael Winter aus Kornwestheim verteidigt. Das Gericht wies den Antrag in vollem Umfang zurück. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Hintergrund: Vorwurf angeblich unerlaubter Rechtsdienstleistungen
Rechtsanwalt Michael Winter, vertreten durch den Kollegen Rechtsanwalt Weber aus Asbach-Bäumenheim, sah in der Werbung unserer Mandantin für einen „kompletten Versicherungs- und Unfallservice“ einen angeblichen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Die Mandantin hatte auf ihrer Website Leistungen wie „Ermittlung der Schadenshöhe“, „Gutachtenerstellung“ und „Versicherungsabwicklung“ beworben. Laut Winter handele es sich hierbei um unzulässige Rechtsberatung durch Nichtjuristen.
Kein Wettbewerbsverhältnis – keine Anspruchsberechtigung
Wir wiesen das Gericht darauf hin, dass es an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien fehlt. Rechtsanwalt Winter betreibt seine Kanzlei in Kornwestheim (nahe Stuttgart), während unsere Mandantin ausschließlich regional in Halle (Saale) tätig ist. Besonders deutlich wurde dies durch den Umstand, dass Winter selbst ein Mandat eines Unfallgeschädigten aus Halle wegen räumlicher Entfernung ausdrücklich abgelehnt hatte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt ein Wettbewerbsverhältnis voraus, dass beide Parteien vergleichbare Leistungen gegenüber dem gleichen Kundenkreis am selben relevanten Markt anbieten, was hier klar nicht der Fall war.
Zulässige Nebenleistung nach dem RDG wahrscheinlich einschlägig
Auch unabhängig von der fehlenden Anspruchsberechtigung wäre ein Unterlassungsanspruch zweifelhaft gewesen. Denn es spricht viel dafür, dass die von der Mandantin angebotene Unterstützung bei der Schadensregulierung unter die nach § 5 RDG zulässige Nebenleistung fällt. Nach herrschender Auffassung dürfen Kfz-Werkstätten im Rahmen ihrer Haupttätigkeit, der Unfallschadenbeseitigung, bestimmte rechtliche Hilfstätigkeiten übernehmen, insbesondere:
- allgemeine Hinweise zur Erstattungsfähigkeit von Reparatur- und Mietwagenkosten,
- Kommunikation mit der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners über Reparaturkosten und Gutachten,
- Einziehung abgetretener Forderungen, auch wenn die Höhe der Reparaturkosten streitig ist.
Nicht erlaubt sind dagegen komplexe rechtliche Bewertungen, insbesondere zur Haftungsquote oder zu weitergehenden Schadenspositionen wie Schmerzensgeld, Nutzungsausfall oder Mietwagenkosten bei Sonderkonstellationen. Solche Tätigkeiten erfordern spezialisiertes juristisches Wissen und dürfen ausschließlich von Rechtsanwälten erbracht werden.
Im vorliegenden Fall bestand keine Anhaltspunkt dafür, dass unsere Mandantin über die zulässigen Hilfstätigkeiten hinaus rechtsberatend tätig wurde. Die Formulierungen auf der Website sind allgemein gehalten und beziehen sich erkennbar auf die technische und organisatorische Abwicklung typischer Versicherungsvorgänge im Rahmen eines Unfallreparaturauftrags, eine nach § 5 RDG regelmäßig zulässige Nebenleistung.
Das Urteil: Klare Zurückweisung des Antrags
Die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Halle wies den Antrag mit Urteil vom 8. Mai 2025 zurück. Dem Verfügungskläger, Rechtsanwalt Michael Winter, fehle bereits die Antragsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe nicht. Schon aus diesem Grund komme ein Unterlassungsanspruch nicht in Betracht – unabhängig davon, ob die Werbung tatsächlich rechtswidrig gewesen wäre.